Montag, 9. Januar 2006 / 20:19:15
Militärjustiz ermittelt gegen «SonntagsBlick»
Bern - Die Publikation eines Geheimdokuments über mutmassliche CIA- Gefängnisse in Europa im «SonntagsBlick» zieht weitere Kreise. Die Militärjustiz ist aktiv geworden. Die Parteien verlangen Aufklärung.
Im Visier der Justiz steht der «SonntagsBlick». Gegen Chefredaktor Christoph Grenacher und zwei Journalisten, wurde eine Voruntersuchung angeordnet. Sie stehen im Verdacht, militärische Geheimnisse veröffentlicht zu haben, wie das Oberauditorat der Schweizer Armee mitteilte.
Die Massnahme erstaune nicht, schrieb Grenacher in einer Stellungnahme. Er übernehme für die Publikation die alleinige Verantwortung. Die Chefredaktion des «SonntagsBlick» habe das öffentliche Interesse höher gewichtet als die Staatsschutzinteressen der Schweiz.
Ein zweites Verfahren der Militärjustiz richtet sich gegen Unbekannt. Formell handelt es sich um eine vorläufige Beweisaufnahme. Diese soll zeigen, wie der Inhalt des als geheim klassierten Fax aus dem ägyptischen Aussenministerium an den «SonntagsBlick» gelangte.
Mehrere Schweizer Gremien eingeschaltet
In die CIA-Affäre haben sich bereits mehrere andere Schweizer Gremien eingeschaltet. Die Bundesanwaltschaft (BA) hat wegen der möglichen Benutzung der Schweiz und ihres Luftraumes für CIA- Gefangenentransporte ein gerichtspolizeiliches Verfahren eröffnet. Es bestehe der Verdacht auf verbotene Handlungen für einen fremden Staat.
Der Tessiner FDP-Ständerat Dick Marty, der in der Sache für den Europarat ermittelt, sagte zum «Blick», der aufgefangene Fax sei ein weiterer Hinweis auf geheime Gefängnisse des CIA in Europa, sollte er denn echt sein. Er frage sich aber, ob das Dokument der Schweiz nicht absichtlich zugespielt worden sei.
Harsche Kritik der Schweizer Parteien
Die Schweizer Parteien reagierten teils unwirsch. Die SVP witterte Verrat und verlangte, Verantwortliche seien vor Gericht zu stellen. Die SP verlangte, die Schweiz müsse das angestrebte Freihandelsabkommen mit den USA hinterfragen.
Die CVP forderte volle Transparenz, die Grünen ein entschlossenes Auftreten vom Bundesrat gegenüber den USA und deren Geheimdiensten. Die FDP will vorerst abwarten.
Rumänien dementierte, dass es ein CIA-Gefängnis auf seinem Territorium gegeben haben soll. Für Bulgarien und Rumänien steht der EU-Beitritt auf dem Spiel, sollte sich die Existenz von Geheimgefängnissen bestätigen.
smw (Quelle: sda)
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