Mittwoch, 10. Dezember 2008 / 10:15:03
Treuer Parteisoldat übernimmt Regierungsbürde
Zürich - Mit der Wahl in den Bundesrat steht Ueli Maurer vor dem Rollenwechsel vom Parteistrategen zum Konkordanzpolitiker. Der 58-jährige Bauernsohn sträubte sich lange gegen eine Kandidatur, stellte sich dann aber - wie immer - in den Dienst der Partei.
Für die SVP hat sich Maurer während Jahrzehnten mit grossem Einsatz engagiert, häufig mit umstrittenen Methoden und markigen Worten. Damit sicherte er sich die Aufmerksamkeit der Medien, stiess aber auch viele Leute vor den Kopf.
Mit der Wahl in den Bundesrat triumphiert Maurer nun an dem Ort, an dem er eine seiner bittersten Niederlagen als SVP-Präsident hinnehmen musste: im Bundeshaus, wo Christoph Blocher im Dezember 2007 als Bundesrat abgewählt wurde.
Sein Rücktritt als Präsident der SVP Schweiz hing damit allerdings nicht zusammen. Er hatte ihn bereits im Oktober 2007 auf Frühling 2008 angekündigt.
Durchstarten nach Rückzug
Für kurze Zeit entstand der Eindruck, Maurer wolle sich aus dem Politrampenlicht zurückziehen, lediglich sein Nationalratsmandat wahrnehmen sowie als Kommunikationsberater und Präsident der Schweizer Gemüseproduzenten arbeiten.
Als die SVP unter seinem Nachfolger Toni Brunner einen Zickzackkurs einschlug, sah Maurer die Möglichkeit - oder Notwendigkeit - als Präsident der Zürcher SVP ab August 2008 wieder «nationaler Taktgeber» zu werden.
Maurers Politkarriere begann 1978 im Gemeinderat der Zürcher Oberländer Gemeinde Hinwil. 1983 schaffte er die Wahl in den Zürcher Kantonsrat, den er 1990/91 präsidierte. 1991 wurde er in den Nationalrat gewählt. Von 1991 bis 1996 amtete er als Vizepräsident der SVP Kanton Zürich. Von 1996 bis März 2008 präsidierte er die SVP Schweiz.
Als der damals 45-Jährige das Präsidium übernahm, wurde er als ergebener Gefolgsmann Christoph Blochers belächelt. Satiriker Viktor Giacobbo prägte den Running-Gag «Ja, Christoph».
Maurer trat aber aus Blochers Schatten und führte die SVP auf den Weg des Erfolgs. 1996 lag die Partei beim Wähleranteil an letzter Stelle der vier Bundesratsparteien. 2007 konnte sie ihren Wähleranteil fast verdoppeln - auf rund 29 Prozent. Zudem fielen in seine Amtszeit zahlreiche Sektionsgründungen, auch jenseits des Röstigrabens.
Gespür für heikle Themen
In der Bevölkerung kam die SVP mit ihrer rigiden Politik und ihrem unverblümten, häufig rüden Ton gut an. Maurer und seine Führungscrew hatten ein erstklassiges Gespür für delikate Themen, die von den anderen Parteien gern gemieden wurden.
Zwar musste Maurer auch Rückschläge hinnehmen, die ihn aber nicht aus dem Tritt brachten. 1991 kandidierte er erfolglos für den Zürcher Regierungsrat. 2007 unterlag er bei den Ständeratswahlen der Grünliberalen Verena Diener.
Mann mit zwei Gesichtern
Nicht nur gegen aussen, auch innerhalb der SVP steuerte Maurer häufig einen Kollisionskurs. Von seiner Versicherung unmittelbar nach seiner Wahl zum Parteipräsidenten, er traue sich durchaus zu, integrativ zu wirken, war kaum etwas zu spüren. Wer nicht spurte, konnte gehen. Immer wieder quittierten unzufriedene SVP-Exponenten ihre Mitgliedschaft.
Die ehemaligen SVP-Mitglieder Samuel Schmid und Eveline Widmer-Schlumpf bezeichnete Maurer gar als «Blinddärme», die man entfernen müsse. Dessen ungeachtet attestieren ihm manche Bundesparlamentarier ein «anderes Gesicht» - das Gesicht eines umgänglichen, konkordanzfähigen Politikers.
Maurer wuchs als Bauernsohn in Hinwil auf, schloss eine kaufmännische Lehre ab, erwarb das Buchhalterdiplom und wurde Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Hinwil-Bauma. 1994 übernahm er die Geschäftsführung des Zürcher Bauernverbandes.
Maurer ist verheiratet und Vater von sechs Kindern. Als Hobbies gibt er Skilanglauf, Velofahren, Literatur und Musik an. Bisweilen soll er auch irgendwo auf dem Bachtel campieren und Gräser kauen. Heimatberechtigt ist er in Hinwil und Adelboden BE.
Marianne Koller (Quelle: sda)
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