Montag, 10. September 2007 / 12:07:31
Fertig lustig
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Im Zentrum des Gemetzels steht Bundesrat Christoph Blocher und lacht sich vermutlich ins Fäustchen. Seine Partei und er selbst haben ein extremes Vabanquespiel gemacht und scheinen zu gewinnen.
Mit der eigentlich lachhaften 'Komplott'-Theorie exponierte sich die SVP extrem. Doch diese Partei scheint die einzige zu sein, die in den letzten zehn Jahren jene Wahlkämpfe angeschaut hat, an denen politische Unkultur mit einem Aufwand von hunderten Millionen Dollar betrieben wurde: Jene der USA.
Fast könnte man den Eindruck bekommen, der kürzlich zurückgetretene Polit-Machiavelli Carl Rove habe Mörgeli und Konsorten ein Seminar namens «Wie schiesse ich meine politischen Gegner ab und lasse die selbst den Abzug drücken» bekommen.
Das ganze Spiel lief in mehreren Akten ab:
Im ersten Akt dringt der Herr der Finsternis (alias Ch. Blocher) in den Bundesrat. Alle politischen Gegner schauen auf ihn wie das sprichwörtliche Kaninchen auf die Schlange.
Das nächste Bühnenbild zeigt seine Gegner auf der verzweifelten Suche nach persönlichen Verfehlungen von Blocher und dabei wie sie alles, was aus der SVP-Ecke kommt, negieren, ohne den Inhalt zu prüfen, selbst wenn gelegentlich vernünftige Ideen dabei sind. Ein Abwehrreflex, der scheinbar ohne den Einsatz höherer Hirnfunktionen ausgeübt wird und der SVP mehr nützt als schadet.
Dann scheint sich die grosse Chance zu präsentieren: Blocher schmeisst den Bundesanwalt Valentin Roschacher raus. Dass Roschacher schon zuvor unangenehm aufgefallen ist, interessiert dabei kein Schwein. Die Wellen gehen hoch. Und jetzt kommt ein Polit-Instinkt, der an einen Carl Rove gemahnt, ins Spiel. Die SVP ist zwar in der GPK dabei, ihre Einwürfe werden allerdings regelmässig blockiert, da scheinbar auch hier der Blocher-Reflex herrscht. Aber das ändert nichts daran, dass natürlich in der SVP sehr genau bekannt ist, in welche Richtung der Hase läuft. Als Höhepunkt des dritten Akts lanciert sie nun mit grossem Aufwand die «Geheimplan»-Theorie – sprich, die Unterstellung, dass es ein Komplott gegen Blocher gäbe.
Das versetzte die GPK scheinbar in helle Panik und veranlasst die genau falsche Reaktion. Statt nochmals alle Punkte – auch die Einwände der SVP – zu würdigen, die Holenweger-Dokumente als noch nicht bewertbar zu bezeichnen, allenfalls noch eine Woche anzuhängen, ging die Kommission fast panisch in die Offensive, zusätzlich angetrieben noch von Blochers eigener Pressekonferenz, in der er nochmals seine Ahnungslosigkeit beteuerte, was ein Komplott gegen Roschacher betraf.
Das Kernstück des vierten Aktes waren die etwas unausgegorenen Statements und Andeutungen von Frau Meier-Schatz, die so vage waren, dass sie einfach nicht in einem abschliessenden Bericht vorkommen dürfen. Diese Pressekonferenz war offensichtlich eine Reaktion und keine Aktion der GPK, die sich in der Folge von Mörgeli und Brunner als ein Kontrollorgan, dass sich selbst scheinbar nicht so ganz unter Kontrolle hat, vorführen liess.
Bleibt die Frage: Gab es irgendwo irgendein verdammtes Komplott? Auch nur ein ganz kleines? Vermutlich nicht, weder von Blocher noch von der GPK und den nicht-SVP-Parteien. Blocher wollte vermutlich nur einen Bundesanwalt loswerden, der schon anderen Bundesräten mit seinem Übereifer auf den Keks gegangen ist und er hat dabei allenfalls seine Kompetenzen übertreten. Aber ein Komplott ist das nicht.
Ebenso wenig wie die Handlungen der GPK. Denn wer so dilettantisch in einen politischen Hinterhalt hinein tappt und diesen zuvor sogar noch selbst mit aufbaut, ist nicht in der Lage, irgend einen «Geheimplan» irgendwelcher Art zu schmieden.
Wenn sich im fünften Akt der Rauch verzogen hat, werden wir vermutlich den Blick auf die Trümmer der respektvollen, etwas behäbigen Art der Schweizer Demokratie werfen können und mit Schrecken sehen, dass nun auch bei uns der Killer-Politstil à la USA Einzug hält. Wie dies mit der direkten Demokratie vereinbar sein soll, ist eine Frage, auf die noch niemand eine Antwort weiss. Es steht eigentlich nur eines fest: Es ist fertig lustig in der Schweizer Politik und daran sollten wir uns besser gewöhnen.
von Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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