Donnerstag, 17. Januar 2008 / 10:56:53
Gier, Dummheit, Rezession
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Anfangs war es eine kleine Krise und man grinste noch über die blöden US-Banken, die auf geplatzten Hypotheken sassen. Doch nach und nach verdüsterten sich die Mienen auch in Europa um spätestens mit den UBS-Abschreibern in das pure Entsetzen über zu gehen. Und die Stimmung wurde seither nicht besser.
Das Muster wiederholte sich dabei für ein Weilchen: Ja, die Korrekturen und Abschreiber seien zwar gross, aber jetzt habe man alles aus den Büchern raus und man könne sauber weiter machen. Bis zur nächsten Runde. Unterdessen ist man soweit, dass nicht mal die 18 Milliarden, die eben von der Citigroup abgeschrieben wurden, als das Ende des schwarzen Lochs namens «Sub-Prime-Mortgages» angesehen werden.
Nun wird sogar von einer Rezession gesprochen, davon, dass die Weltwirtschaft schrumpfen könnte. Dieses Schreckenszenario schockt momentan die Welt und immer wieder taucht die Frage auf, wie es denn so weit habe kommen können.
Die Antwort ist so banal wie erschreckend: Pure Gier, Opportunismus und bewusstes Wegsehen sind die Quellen dieses Übels, das nun droht, die Welt mal wieder in eine Abwärtsspirale zu stürzen.
Während den letzten Jahren wurde von EU-Gegnern und Neo-Liberalen immer wieder voller Häme die Untauglichkeit und Verknorztheit der hiesigen Länder bemängelt, die im Vergleich zu den USA so wenig Wachstum hätten. Jene wenigen Kritiker (in der Schweiz zum Beispiel Mathias Binswanger von der Fachhochschule in Olten und Fredmund Malik vom MZSG), welche die Schwächen des US-Wunders erkannten und auch nannten, wurden ignoriert und teilweise angefeindet.
Doch Tatsache war, dass ein guter Teil des US-Wachstums nicht auf Produktivität, sondern auf reinem Pump beruhte – Stichwort: Sub-Prime-Hypotheken. Irgendwann konnten die grosszügigen US-Banken ihre Kreditpolitik nicht mehr rechtfertigen und suchten nach neuen Methoden, Geld ausleihen zu können.
Die geniale Idee war, Leuten mit kleinem Einkommen Hypotheken zu geben, damit die sich ein Haus leisten könnten. Die gestaffelten Zinsen würden nach und nach höher werden, aber mit guter Abklärung der Verhältnisse war das alles machbar und in Ordnung. Diese Hypotheken waren sowohl für die Kunden als auch die Banken attraktiv.
Zu attraktiv. Als es längst keine «tragbaren» Kunden mehr gab, also Leute, mit der Chance, diese Sub-Prime-Kredite zu bedienen, schrien die Banken trotzdem noch nach mehr. Denn sie hatten die bisherigen Hypotheken zu guten Preisen weiter verkauft und wollten nicht auf das tolle Geschäft verzichten. Hier wurde es dann kriminell. Hypotheken wurden ohne Hinsehen vergeben, ja geradezu verramscht, gebündelt und weiter verscheuert. Anhand der katastrophalen Ausfälle gibt es gar keine andere Folgerung: Es wurde bestenfalls mit krimineller Nachlässigkeit unter Missachtung der Sorgfaltspflicht, schlimmstenfalls vorsätzlich kriminell gehandelt.
Das ganze funktionierte nur, weil die Anfangszinsen so niedrig waren und die faulen Kredite, als beste Ware verpackt, weiter verkauft wurden. So floss auch viel Geld aus dem so trägen Europa in die US-Wirtschaft und finanzierte das tolle Wachstum mit, das Europa wiederum vorgehalten wurde.
Es war eigentlich ein Pyramidenspiel und die Boni, die den Bankmanagern der betreffenden Institute und Abteilungen jahrelang gezahlt wurden, sind jene Summen, die bei solchen Betrügereien von denen, die an der Spitze stehen, abkassiert werden. Dass es in diesem Jahr keine Boni gibt, ist dabei ein schwacher Trost, müssten doch eigentlich auch jene Zahlungen, die aus den Pseudogewinnen seit ca. 2002 erwirtschaftet wurden, zurückgefordert werden, denn dies waren ja Erträge aus betrügerischen Tätigkeiten.
Die Frage ist einfach: Wann wird es von den internationalen Käufern dieser Luft-Hypotheken Klagen gegen die Verkäufer - diverse US-Banken – geben? Und wird das US-Bankensystem solche Klagen überleben? Die Ansprüche aus Prozessen dieser Art könnten gigantisch werden.
Fraglich, ob sich diese Krise auf die drei Elemente Gier, Dummheit und Rezession beschränken lässt... oder ob auch noch der Niedergang der grössten Volkswirtschaft der Welt mit all den unabsehbaren Folgen ansteht.
von Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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