Sonntag, 2. Oktober 2005 / 16:18:07
Skandale drängen Republikaner in Defensive
Washington - Erst «Katrina» und «Rita», nun Bill und Tom - für US-Präsident George W. Bush und die Republikaner kommt es knüppeldick.
Erst erschüttert die schleppende Hilfe nach den Hurrikans Bushs Ruf als entschlossener Krisenmanager, nun machen ihm Parteifreunde Bill Frist und Tom DeLay mit dubiosen Geschäften und fragwürdigen Spendenpraktiken zu schaffen.
Die Republikaner, in beiden Häusern des Kongresses noch in der Mehrheit, finden sich ein Jahr vor den wichtigen Zwischenwahlen in der Defensive wieder.
Die Anklage gegen Tom Delay, Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus und wegen seines aggressiven Stils auch «Der Hammer» genannt, ist ein Tiefpunkt für die Republikaner. Ein Jahr vor den Zwischenwahlen werden die ersten nervös. «Wenn die Wahlen jetzt wären, hätten wir schlechte Karten», räumte Zach Wamp aus Tennessee ein.
Regieren wie Tito
Ohne die eiserne Hand, mit der DeLay die Parteitruppen bislang zur Räson gebracht hat, fürchten Parteistrategen Chaos. «DeLay regierte in der Fraktion wie Tito in Jugoslawien», sagte Politikprofessor James Thurber der «Washington Post». «Mit Zuckerbrot und Peitsche. Ohne DeLay zerfällt das Haus.»
Bei den Republikanern brennt es inzwischen an vielen Stellen. DeLay wird Spendengeldwäscherei vorgeworfen. David Safavian, ein Beschaffungsbeamter im Weissen Haus, wurde vergangene Woche festgenommen.
Er soll sich Reisen von dem Lobbyisten Jack Abramoff bezahlen haben lassen, der auch Geschäfte mit der Regierung machte. Abramoff, wiederum ein enger Vertrauter von DeLay, steht selbst unter Anklage wegen dubioser Lobbyarbeit.
Insiderwissen und Geheimnisverrat
Der Mehrheitsführer im Senat, Bill Frist, steht im Verdacht, ein Aktienpaket an der Firma seines Vaters nach Insiderwissen verkauft zu haben - kurz darauf stürzte der Aktienpreis. Die Börsenaufsicht ermittelt, Frist weist alle Schuld von sich.
Bush-Berater Karl Rove ist die Zentralfigur in einer Untersuchung über Geheimnisverrat. Es geht darum, wer den Namen einer verdeckten CIA-Agentin verriet und ihre Karriere zerstörte. Deren Mann, ein früherer US-Botschafter, hatte die Bush-Regierung zuvor scharf kritisiert.
Früher stand Bush bei seinen loyalen Anhängern so hoch im Kurs, dass er mit einem Auftritt im Wahlkreis eines Kandidaten Probleme in Washington verblassen lassen konnte. Seit den Hurrikans ist das anders.
Der «Megafon»-Moment
Bush fand auch nach «Rita» noch nicht den «Megafon-Moment», der ihn nach den Terroranschlägen als entschlossenen Kämpfer definierte. Damals stand er drei Tage später mit Megafon auf den Trümmern des World Trade Centers und einte die Nation.
Heute ist er mit einer Zustimmungsrate von nur noch gut 40 Prozent auf den Tiefpunkt der Beliebtheit gesunken. Auch der republikanische Kongress kommt nur noch auf 37 Prozent Zustimmung.
Plötzlich bleibt auch wachsende Kritik an der Irak-Strategie an Bush hängen, ebenso wie die hohen Benzinpreise. «Es sieht düster aus», meinte ein Parteistratege, der nicht genannt werden wollte, in der «New York Times».
Christiane Oelrich (Quelle: sda)
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