Montag, 27. Dezember 2004 / 12:02:46
Zurück im Plan
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So, jetzt weiss man es also. Putin will zurück in die Vergangenheit. Natürlich behauptet er alles
andere. Aber am Ende sprechen Handlungen deutlicher als Worte.
"Jetzt nutzt der Staat absolut legale Marktmechanismen, um seine Interessen zu verteidigen", meinte er, als es darum ging, den Kauf von Juganskneftegas durch die Baikal-Group, dann
deren Kauf durch die Rosneft, dann wiederum deren Übernahme durch die staatliche Gasprom zu erklären.
Wenn ein Grosskapitalist ein solches Kaskadenspiel mit Strohfirmen organisieren würde, wäre dies mindestens anstössig. Vermutlich illegal. Doch da der Staat in Russland ja definiert, was legal ist, sind es ebensolche Marktmechanismen, die diese Übernahme rechtfertigen.
Natürlich ist der Versuch lächerlich, auf diese Weise Klagen von Gasprom aus dem Ausland abzuweisen.
Kein Gericht wird die Baikal-Group als unabhängige Käufer betrachten. Zumindest nicht solange
die zuständigen Richter von ihren Regierungen gekeilt werden, höflich weg zu schauen und die Fakten
geflissentlich zu ignorieren.
Doch dies wird kaum der Fall sein, da die Gerichte im Westen vielfach sehr unabhängig agieren. Und
wenn Sie beeinflusst werden, dann garantiert nicht von Putin und seinen Freunden.
Also liegt der Ball nun bei den Anwälten. Zählt nun der Gläubigerschutz in den USA oder nicht?
In das Gezerre hat sich nun auch die Deutsche Bank, die am Gasprom Banken-Konsortium
beteiligt ist, eingeschaltet... kündigen sich gar neue Spannungen zwischen den USA und Deutschland an?
Auf jeden Fall wird es eine ziemliche Schlammschlacht absetzen, wobei der Einsatz von Gasprom gross
ist. Die Gefahr besteht, dass Milliarden an Schadenersatz gefordert werden. Für eine Firma, die ihre
Erträge im Export macht, eine üble Sache, denn es könnten Guthaben eingefroren werden.
Doch Putin beeindruckt dies alles nicht. Er hat nur ein Interesse: Den russischen Staat zu stärken, ganz
egal, welche Opfer dazu erbracht werden müssen.
Es wird nun natürlich argumentiert, dass die Forderungen gegen Jukos gerechtfertigt, die Steuerschulden
vorhanden waren. Doch Anfang der Neunziger herrschte in der ehemaligen Sowjetunion praktisch der
Wilde Westen. Wäre Putin Konsequent, hätte er praktisch alle Unternehmen zerschlagen müssen, die in
dieser Zeit gross geworden sind. Oder eine Amnestie aussprechen, um wieder Rechtssicherheit zu schaffen.
Dass es ausgerechnet Jukos ist, die er abschoss, lag an deren Chef Michail Chodorkowski, der es wagte,
sich auch politisch gegen Putin zu stellen. Unternehmen, die genau so Steuerschulden hätten, aber Putin
unterstützten, kamen bisher ungeschoren davon.
Dass es Putin um die totale Kontrolle geht, zeigt auch, dass in grossen Unternehmen wie Aeroflot oder dem
Atombrennstab-Hersteller TWEL ehemalige Geheimdienstleute - einstigen Kollegen Putins - in den Ausichtsräten
sitzen.
Man fragt sich, ob schon bald neue Fünfjahrespläne erwartet werden können. Denn der erste scheint bereits voll
in Aktion zu sein, jener, mit dem Putin probiert, die absolute Macht in Russland zu sichern.
von Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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