Chodorkowski-Urteil verschoben

Die Opposition vermutet den Kreml dahinter. Dieser Eindruck wurde durch ein vorab verbreitetes Interview eines Putin-Beraters verstärkt.

Putins Chefberater für Wirtschaftsfragen, Andrej Illarionow, bezeichnete gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) eine Verurteilung Chodorkowskis als schwerwiegenden wirtschaftspolitischen Fehler. Das Vorgehen der Behörden gegen Jukos und dessen Eigentümer sei völlig selektiv erfolgt.

Einige Duma-Abgeordnete äusserten nach der Urteilsverschiebung die Vermutung, der Kreml erwäge, ein milderes Urteil gegen Chodorkowski vor Gericht zu erwirken.

Manöver?

Andere Oppositionspolitiker vermuteten lediglich ein Manöver der russischen Regierung. Der Kreml wolle bei den Feiern zum Kriegsende am 9. Mai unangenehme Fragen ausländischer Staatsgäste vermeiden. Unter anderem wird dann US-Präsident George W. Bush nach Moskau reisen.

Eine Verurteilung des früheren Jukos-Verwaltungsratspräsidenten käme sehr ungelegen, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Partei Jabloko, Sergej Mitrochin, der Agentur Interfax.

Demonstrationen

Etwa 100 Anhänger der liberalen Opposition demonstrierten für einen Freispruch Chodorkowskis. Freiheit, Freiheit, riefen sie vor dem für den Fall Jukos zuständigen Bezirksgericht in Moskau.

Das Gericht hatte das Urteil auf den 16. Mai verschoben. Ein Sprecher des Gerichts sagte, Richterin Irina Kolesnikowa habe ihre Arbeiten am Urteil noch nicht beendet.

Die Verteidigung äusserte Verständnis für die Verzögerung. Das zehnmonatige Verfahren war vor zwei Wochen abgeschlossen worden. Ich hatte von Anfang Zweifel, dass man ein Urteil in so kurzer Zeit schreiben kann, betonte der Rechtsanwalt Genrich Padwa.

bert (Quelle: sda)

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