Montag, 24. November 2008 / 17:23:18
Sunrise kauft Tele2: Good Deal, Bad Deal?
Zürich - Die Mobilfunkanbieter hatten in der letzten Woche sicherlich eine der besten Wochen des Jahres. Trotz beginnender Rezession und Kaufzurückhaltung, hat eine Nachricht alle drei grossen Anbieter erfreut: Sunrise darf Tele2 ohne weitere Auflagen kaufen.
Aus der Sicht von Sunrise betrachtet, ist das der «Big Deal» schlechthin. Über 400'000 neue Kunden für runde 50 Millionen Franken? Das ist günstig. Noch dazu gibt es eine Mobilfunklizenz plus Mobilfunknetz.
Das ist ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis. Für die Kunden von Tele2 ändert sich zunächst nichts. Die Marke Tele2 soll erhalten bleiben, aber erfahrungsgemäss dürfte sich das bald ändern.
Aber auch Orange und Swisscom dürfen sich am Ende über diese Entscheidung freuen. Sicherlich ist es vor allem für Orange keine gute Nachricht, dass der grösste Konkurrent nun über 400'000 neue Kunden gewonnen hat. Auch die Swisscom hat kaum eine Freude an diesem Teil der Nachricht, jedoch ist der zweite Teil der Nachricht, dass Sunrise auch die Mobilfunklizenz erhält, auch für diese beiden Firmen ein «Big Deal».
Mehr Anbieter dank Lizenzen
Im Jahre 2003 wurde für die Neuvergabe zweier Lizenzen ein Grund genannt: Der fehlende Wettbewerb zwischen den drei Anbietern. Weitere Spieler waren auf dem Markt erwünscht, um den Wettbewerb zu intensivieren. Das Preisniveau war und ist in der Schweiz hoch, genau hier sollten die neuen Lizenzen Leben in den Markt bringen.
Während in&phone sich auf bestimmte Geschäftskunden spezialisiert, versuchte es Tele2 zunächst mit einem Citynetz. Das war für Tele2 am Anfang auch nur zweite Wahl, wie man aus den Kommentaren von Roman Schwarz hat heraushören können. Später war man dann via national Roaming landesweit aktiv.
Aufkauf von Tele2 verhindert Wettbewerb
Warum dann doch sehr wenig Leben in den Markt gekommen ist, hat wiederum diverse Gründe, die an dieser Stelle nicht länger erörtert werden sollen. Unverständlich ist jedoch, warum man Sunrise die Tele2-Mobilfunklizenz samt Netz aufkaufen lässt. Sunrise benötigt weder die Tele2-Lizenz noch deren Mobilfunknetz. Durch das Wegfallen der Lizenz ist faktisch genau die Situation wiederhergestellt, die 2003 bemängelt wurde.
Viel schlimmer ist jedoch die Signalwirkung nach Aussen. Durch den Entfall der GSM-Lizenz ist nun der Markteinstieg eines potenteren Anbieters verunmöglicht worden. Gleichzeitig scheinen weitere Anbieter in der Schweiz auch nicht erwünscht zu sein, sonst hätte die Wettbewerbskommission dies niemals zugelassen. Letztendlich hat man sich für weniger Wettbewerb ausgesprochen, was unverständlich ist. Derzeit halten sich die internationalen Konzerne zwar sehr bedeckt, aber für viele wäre ein Einstieg in den Schweizer Markt allein schon aus Sicht möglicher Roamingerlöse sehr interessant.
Bad Deal für Konsumenten
Den «Bad Deal» haben damit die Konsumenten gemacht. Der schlechteste Fall ist für sie aufgetreten: Der geringe Wettbewerb wird noch weiter eingeschränkt. Es ist kaum davon auszugehen, dass ein weiteres Mal eine GSM-Lizenz vergeben wird.
Der Mobilfunk der vierten Generation steht bald vor der Tür. Dann sind möglicherweise wieder Lizenzrunden angesagt, die dann den Mobilfunk der zweiten Generation, welcher weiterhin als Basisdienst zur Abdeckung ländlicher Regionen wichtig ist, kaum berücksichtigen können. Den Strategen von Sunrise muss ein Lob ausgesprochen werden. Das war sicherlich der Deal des Jahres - ganz im Sinne der Tele2-Werbung.
Roman Brosowski (Quelle: sda)
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