Donnerstag, 4. Januar 2007 / 12:48:34
Jeder zweite Bauernbetrieb gefährdet
Walperswil - Etwa jeder zweite Schweizer Bauernbetrieb ist in seiner Existenz bedroht, wie der Schweizerische Bauernverband feststellt. Und ungefähr jede vierte Bauernfamilie kann mit ihren Einkünften ihren Lebensunterhalt nicht decken.
Diese 25 Prozent der Bauernfamilien müssten als Working Poor bezeichnet werden, schreibt der Schweizerische Bauernverband (SBV). Ihre Einkommen lägen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen unter der offiziellen Armutsgrenze.
Im bernischen Walperswil wurde heute der Bericht zur Situation der Schweizer Landwirtschaft im Jahr 2006 den Medien vorgestellt. Die durchschnittliche Working-Poor-Quote der Schweiz liege bei 6,7 Prozent. In der Landwirtschaft bewege sie sich je nach Qualität der Ernte zwischen 20 und 30 Prozent, heisst es darin.
Investitionsmittel fehlen
Ein zweites Viertel der Schweizer Bauernbetriebe bringt laut SBV zu wenig ein, um Investitionen zu tätigen oder die Altersvorsorge der Familien zu sichern. Rund die Hälfte der Betriebe drohten somit zu verschwinden - und dies ohne die Auswirkungen der Agrarpolitik (AP) 2011, Freihandelsabkommen und WTO-Verhandlungen.
Die Landwirtschaft stehe an einem Wendepunkt: Ohne Hilfe von Bevölkerung und Politik werde es die heutige multifunktionale Landwirtschaft mit ihren Familienbetrieben in wenigen Jahren nicht mehr geben. Vom Nationalrat forderte er, die AP 2011 zu korrigieren und der Landwirtschaft mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Nachhaltige Ernährung
Nachhaltige Ernährung ist ein zweites Thema des Berichts. Die Konsumierenden könnten mit ihrem Kaufverhalten die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion steuern. Die Bauernfamilien wollten weiterhin qualitativ gute und sichere Lebensmittel produzieren, und sie seien bereit, sich dafür weiter anzupassen.
Sinkender Produktionswert
.
Der Produktionswert der Landwirtschaft sank 2006 um 2,7 Prozent auf insgesamt 10 Mrd. Franken. Die Nettowertschöpfung ging im etwa gleichen Ausmass auf 2,6 Mrd. Franken zurück. Um die Kaufkraft bereinigt, sei sie noch halb so gross wie 1990, sagte SBV-Direktor Jacques Bourgeois laut Redetext.
Der Jahresarbeitsverdienst pro Familienarbeitskraft sank 2005 laut Bericht von 36 700 auf 33 800 Franken. Der Trend zu immer kleineren Erlösen bei steigenden Kosten - etwa für Treibstoffe, Pflanzenschutzmittel und Personal - müsse unbedingt und so rasch wie möglich gebrochen werden, hielt Bourgeois fest.
Forderungen an Nationalrat
Ausserhalb der Landwirtschaft habe das Durchschnittseinkommen 2005 67 200 Franken im Jahr betragen. Nur 9 Prozent aller bäuerlichen Arbeitskräfte kommen laut SBV auf mindestens diesen Betrag.
Vom Nationalrat fordert der Bauernverband, die AP 2011 zu korrigieren und den Bauern mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Der vom Ständerat in der Wintersession um 150 Millionen auf 13,65 Mrd. Franken erhöhte Zahlungsrahmen genügt ihm nicht. Er beharrt auf den in der Vernehmlassung verlangten 14 Mrd. Franken.
ht (Quelle: sda)
Artikel per E-Mail versenden
Druckversion anzeigen
Newsfeed abonnieren
In Verbindung stehende Artikel:
Landwirtschaft soll weniger Stickstoff ausstossen
Montag, 10. November 2008 / 13:02:05