Mittwoch, 4. Februar 2009 / 21:00:00
Der Vatikan gibt nach - Es bleiben viele Fragen
Essen - Ist der Papst vor Angela Merkel eingeknickt? Das ist die entscheidende Frage in der hitzigen Debatte um die Wiederaufnahme des Holocaust-Leugners Richard Williamson in die katholische Kirche.
Ja, der Vatikan ist «eingeknickt», vor wem auch immer. Das Staatssekretariat hat, diesmal wohl nicht ohne Zustimmung des Papstes, auf die Kritik reagiert. Und ja, es war der richtige Schritt; der einzig richtige in dieser unheilvollen Angelegenheit.
Auf dieses Zeichen hat die Welt gewartet
Zwei Wochen lang haben
Katholiken, Protestanten und Kirchen-Ferne ungläubig nach Rom
geschaut. Sie haben mitangesehen, wie diese Debatte das Amt des
Papstes beschädigt hat.
Sicherlich, Benedikt XVI. hat sich früh und
deutlich den Juden gegenüber erklärt, hat jede Leugnung des Holocaust
scharf verurteilt. Doch der Skandal blieb: Er hat - um die Einheit
der Kirche zu wahren - einen unbelehrbaren Holocaust-Leugner mit
offenen Armen willkommen geheissen.
Politische Dimension seines Handelns nicht ansatzweise bedacht
Er, der Gelehrte auf dem Stuhl Petri, hat die politische
Dimension seines Handelns auch nicht ansatzweise bedacht. Es zeigt,
dass auch das Amt des Stellvertreters Gottes auf Erden nicht nur
theologisch ausgeübt werden kann. Es ist eben auch ein durch und
durch politisches Amt.
Nun also hat der Vatikan, hat der Papst der Welt nachgegeben.
Wahrscheinlich beispiellos, wie vieles in diesen Tagen. Und wieder
Ja, der Papst ist fehlbar - auch wenn sich die Wiederaufnahme der
Traditionalisten überhaupt nicht auf die Unfehlbarkeit bezieht.
Dieses Dogma gilt nur für Glaubensfragen. Doch die Welt hat gelernt:
Auch ein Papst kann irren. Und er zeigt Grösse, wenn er das auch
eingesteht. Jetzt beginnt der Papst - endlich - den Schaden, den sein
Amt genommen hat, zu mindern.
Die Betonung liegt auf dem Zusatz: Er beginnt. Auch wenn der
Skandalbischof widerruft, wenn sich die Pius-Bruderschaft zum Zweiten
Vatikanischen Konzil bekennen sollte, ist die Affäre längst nicht
ausgestanden. Die Verletzungen auf der jüdischen Seite sind zu
schmerzlich.
Es bleibt die Frage, wohin Benedikt die Kirche führt
Es bleibt die Frage, wohin Benedikt eine Kirche führt, die sich
intensiv um solch ultrarechte Kreise bemüht. Es ist eine Kirche, die
eine so wichtige Entscheidung wie die Aufhebung der Exkommunikation
es war, ohne die Bischofskonferenzen, autoritär von oben trifft. Und
es bleibt die Frage: Welche Konsequenzen zieht eigentlich der Vatikan
aus der Affäre? Es sind noch viele Fragen, die auf Antwort warten.
von Angelika Wölk, WAZ (Quelle: ots)
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