Mittwoch, 22. Oktober 2008 / 17:18:14
EU-Staaten verschleppen Steuerkooperation
Brüssel - Deutschland beklagt sich über Steuerausfälle wegen fehlender Kooperationsbereitschaft der Schweiz. Doch die EU-Staaten sind selber schuld daran, dass eine bessere Zusammenarbeit nicht schon lange Realität ist - und zwar bei den indirekten Steuern.
Der Bundesrat hat am Mittwoch grünes Licht gegeben für die Ratifizierung des Betrugsbekämpfungsabkommens mit der Europäischen Union, wie Hans Georg Nussbaum, Chef Rechtsdienst bei der Oberzolldirektion, auf Anfrage der SDA sagte.
Unterzeichnet worden war das Abkommen am 26. Oktober 2004 im Rahmen der Bilateralen II. Es umfasst eine verstärkte Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bei indirekten Steuern wie Zoll, Mehrwertsteuer und Verbrauchssteuer (nicht aber direkte Steuern).
Ratifizierung in sechs EU-Staaten noch ausstehend
Den EU-Staaten entstehen nach eigenen Aussagen durch Abgabe- und Subventionsdelikte hohe finanzielle Verluste. Dass die verstärkte Kooperation mit der Schweiz aber weiterhin Zukunftsmusik ist, liegt daran, dass das Abkommen in allen EU-Staaten nach deren nationalen Verfahren ratifiziert werden muss.
Und dies zieht sich hin: Laut der EU-Liste hat etwa Deutschland erst vor wenigen Wochen, am 29. September, die Ratifizierung als abgeschlossen gemeldet. Weiterhin ausstehend sind Finnland, Griechenland, Italien, Irland, Luxemburg und die Niederlande.
Rechts- und Amtshilfe möglich
Das Abkommen würde nicht nur Rechtshilfe (zwischen Justizbehörden), sondern auch Amtshilfe (zwischen Verwaltungsbehörden) ermöglichen, sofern ein richterlicher Beschluss vorliegt.
Zudem könnten etwa Zwangsmassnahmen (Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmung oder die Einsicht in Bankkonten) in der Zusammenarbeit mit den EU-Staaten nicht nur bei Abgabebetrug, sondern ebenfalls bei Fällen von Abgabenhinterziehung angewendet werden.
Schweiz für vorläufiges Inkrafttreten bereit
Da das Abkommen vier Jahre nach der Unterzeichnung noch nicht in Kraft ist, wird nun zwischen Bern und Brüssel ein provisorisches Inkrafttreten diskutiert. Falls «eine gewisse Anzahl» EU-Staaten das Interesse daran formell bekunden, sei die Schweiz dazu bereit, sagte Nussbaum.
Doch das Interesse scheint scheint unter den EU-Staaten nicht sehr gross zu sein. Nur vier haben bisher eine entsprechende Erklärung abgegeben. Es sind dies Bulgarien, Polen, Rumänien und Schweden - weder Frankreich noch Deutschland, die sich derzeit so um das heimische Steuersubstrat sorgen, sind hier also dabei.
Eva Herrmann (Quelle: sda)
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