Mittwoch, 22. Oktober 2008 / 07:18:41
Euro kostet weniger als 1.50 Fr.
Zürich - Der Euro-Kurs ist erstmals seit 2003 unter 1.50 Franken gesunken. Was Ferien oder Shoppen im Ausland billiger macht, wird für die Exportwirtschaft bei ohnehin eingetrübten Konjunkturaussichten zum Problem.
«Bei einem Eurokurs von unter 1.50 Franken ist ein Punkt erreicht, welcher der Exportwirtschaft weh tut. Die direkte Auswirkung auf die Margen ist angesichts der konjunkturellen Abkühlung schlecht», sagte Peter Dietrich, Direktor des Branchenverbands Swissmem, am Mittwoch der Nachrichtenagentur SDA.
Zwei Drittel der Exporte in EU
In den letzten Jahren habe sich die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie trotz starkem Franken dank guter Marktpositionierung im Euroraum behaupten können, sagte Dietrich. 66 Prozent der Exporte aus der Branche gehen in den EU-Raum.
Im Interesse der Exportwirtschaft müssten Zinssenkungen sicherlich wieder thematisiert werden: «Wir stehen in gutem Kontakt mit der Schweizerischen Nationalbank. Swissmem ist sich bewusst, dass in der aktuellen Situation an den Finanzmärkten Massnahmen aber mit Augenmass geprüft werden müssen», sagte Dietrich weiter.
Entwicklung im Euroraum entscheidend
Das Konjunkturforschungsinstitut BAK Basel sagt für 2009 einen Wechselkurs von Franken und Euro von durchschnittlich 1.56 voraus: «Ob dieser Wert gehalten wird, hängt stark von der Entwicklung in der Eurozone ab, wo die konjunkturellen Indikatoren derzeit schlecht stehen», erklärt BAK-Ökonom Alexis Körber.
Die staatlichen Eingriffe im Finanzsystem dürften den Euro aber wieder stärken. Alexis Körber erwartet zudem weitere Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank EZB, die auch von der Schweizerischen Nationalbank mitgetragen würden.
Verlangsamte Handelsdynamik
Für Fabian Heller, Ökonom bei der Credit Suisse, gibt es wenig Aussichten, dass der Franken sich abschwächt. Dass die Exportwirtschaft schon jetzt leide, zeige sich an der Verlangsamung der Handelsdynamik.
Anleger würden ob der allgemeinen Unsicherheit in den Franken flüchten und so die Schweizer Währung stützen. Ausserdem sei zu erwarten, dass die EZB die Zinsen aggressiver senken wird als die SNB. Die Zinsdifferenz zum Euro-Raum mache die Schweiz für Investoren interessanter und damit den Franken teuer.
Die massiven Liqudidätsspritzen für die Geldmärkte schränken den Handlungsspielraum der SNB ein, erklärte Heller. Das Libor-Zwischenziel, über das die SNB die Geldpolitik steuert, liegt derzeit über 3 Prozent. Erst eine Entspannung der Lage an den Finanzmärkten sowie ein Rückgang der Inflation gebe der SNB Handlungsspielraum zurück.
Inflation entscheidend
Volkswirtschafts-Analystin Melanie Bowler von Moody's Economy in London erwartet erst 2009 Zinssenkungen seitens der SNB. «Da die Inflation im nächsten Jahr voraussichtlich unter 2 Prozent fallen wird, erwarte ich eine Senkung der Leitzinsen in zwei Schritten auf 2 Prozent bis Ende 2009.» Sollte die Finanzkrise anhalten, könnte die SNB aber früher zum Handeln gezwungen sein.
Für die Exportindustrie sieht Bowler ein spezielles Risko beim Handelspartner Deutschland, für den rund ein Fünftel der Ausfuhren bestimmt sind. Nicht nur der starke Franken, auch die Schwäche der deutschen Wirtschaft werde dem Schweizer Wachstumstreiber Export zusetzen.
fest (Quelle: sda)
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