Dienstag, 19. Februar 2008 / 08:41:18
Fidel Castro tritt nach fast 50 Jahren an der Macht ab
Havanna - Eine Ära geht zu Ende: Kubas Machthaber und Revolutionsidol Fidel Castro hat nach fast einem halben Jahrhundert seinen Rückzug angekündigt. Der 81-Jährige erklärte, er strebe keine weitere Präsidentschaft an.
Die Erklärung des Revolutionsführers wurde in der Nacht zum Dienstag in der Onlineausgabe der Parteizeitung «Granma» und von der amtlichen Nachrichtenagentur «Prensa Latina» veröffentlicht. Als sein Nachfolger wird sein jüngerer Bruder Raúl gehandelt. Er dürfte am Sonntag offiziell an die Spitze des kommunistischen Einparteienstaats nachrücken.
Rául, der engste Vertraute Fidel Castros, übt das Amt bereits seit Juli 2006 aus, als sich der ehemalige Guerillachef wegen einer Darmerkrankung aus der Öffentlichkeit zurückzog. Der Máximo Líder behält jedoch zunächst den Posten des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei, was ihm weiterhin grossen Einfluss sichert.
Bush fordert Wandel
US-Präsident George W. Bush forderte Kuba zu einem demokratischen Wandel auf, der zu freien und fairen Wahlen führen müsse. «Wir werden dabei helfen», sagte Bush im ruandischen Kigali. «Die USA werden dem kubanischen Volk dabei helfen, die Segnungen der Freiheit zu erlangen.»
Fidel Castro stand seit 1959 an der Spitze des kommunistischen Landes. Er überlebte eine vom US-Geheimdienst CIA gesteuerte Invasion in der Schweinebucht, mehrere Anschlagsversuche, das längste Handelsembargo der USA und den Kollaps der Sowjetunion, die ihren westlichsten Verbündeten drei Jahrzehnte lang von Waffen bis zu Öl und Butter mit allem Nötigen versorgte.
Die Europäische Union bekräftigte ihre Bereitschaft zu einem Dialog mit der neuen Führung. Aus Protest gegen die Verfolgung von Regierungskritikern hat Brüssel die diplomatischen Beziehungen vor fünf Jahren weitgehend auf Eis gelegt.
Die Schweiz forderte die Nachfolgeregierung in Havanna zu Fortschritten bei den bürgerlichen und politischen Rechten auf. Bern erwarte einen Übergang zu einem «demokratischen Pluralismus», sagte ein Sprecher des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA.
Kubaner erwarten wenig Neues
Auf den Strassen Havannas wie in Miami, der Hauptstadt der kubanischen Exilgemeinde in den USA, fielen die Reaktionen gedämpft aus. Der Rücktritt Castros war seit langem erwartet worden. In Miami war hier und da Freudengehupe zu hören, die Exil-Kubaner sahen aber nicht viel mehr als einen Silberstreifen am Horizont.
Pessimistisch äusserten sich kubanische Dissidenten. «Es gab in den vergangenen anderthalb Jahren ohne Fidel überhaupt keine Veränderung und es wird sie jetzt auch nicht geben», sagte der Sprecher der Gruppe «Alle Vereint», Vladimiro Roca.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte Kuba auf, Gefangene freizulassen und der Justiz mehr Unabhängigkeit zugeben.
Verehrt und verhasst
Von seinen Kritikern als Diktator verurteilt wird Fidel Castro in vielen Staaten der Dritten Welt dafür bewundert, dass er den USA standgehalten und ein kostenfreies Bildungs- und Gesundheitssystem auf dem Niveau der Industriestaaten erreicht hat.
Der von Jesuiten ausgebildete Rechtsanwalt und charismatische Redner versuchte aus Kuba eine gerechte Gesellschaft zu machen, schuf dabei nach Ansicht seiner Gegner aber einen Polizeistaat, der Hunderttausende ins Exil trieb.
fest (Quelle: sda)
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