Mittwoch, 13. Juni 2007 / 07:43:26
Folterer und Mordbrenner - Bruderkampf wird hässlich
Tel Aviv - Die radikal-islamische Palästinensergruppe Hamas greift nach monatelangem Bruderkampf im Gazastreifen gewaltsam nach der Macht. Immer brutaler führen die Kämpfer der Organisation ihre Gefechte.
«Das ist Krieg», sagte der verzweifelte Fatah-Sprecher Maher Magdad am Dienstag inmitten heftiger Kämpfe, bevor hunderte Milizionäre der radikal-islamischen Hamas sein Gebäude angriffen. Bisher stand seine Fatah der Hamas kaum nach. Doch nun erkämpft sich die Hamas im Gazastreifen Schritt für Schritt die Kontrolle.
In einer Ansprache, die vom palästinensischen Fernsehen übertragen wurde, beschuldigte Fatah-Mann Magdad die Hamas, im Dienste ausländischer Kräfte zu handeln, die die Fatah von Präsident Mahmud Abbas auslöschen wollten.
Wer ist wessen Marionette?
Dies ist im Gazastreifen eine Umschreibung dafür, dass die Fatah schiitische Kräfte aus dem Iran hinter der Schlagkraft der Hamas vermutet. Dagegen macht erklärt Hamas die verfeindete Fatah zur Marionette der USA und Israels.
In den Propagandasendern der Hamas werden die Kämpfer aggressiv aufgeputscht. Die Fatah-Führer müssten einen «schweren Preis» zahlen. Die Fatah-Leute seien «wie die Juden», wurde ein Hamas-Scheich zitiert. Demnach ist keine Rücksicht mehr nötig.
In Gaza haben Hamas-Kämpfer bereits einen Offizier von einem Hochhausdach in den Tod stürzen lassen - Auftakt der jüngsten Eskalation. Als ein Hamas-Milizionär erschossen wurde, stürmten andere ein Spital in Bet Hanun und ermordeten dort einen Vater und seine Söhne praktisch in den Betten.
In der Nacht ging das Haus eines Fatah-Sicherheitsoffiziers in Flammen auf. Seine betagte Mutter und zwei Töchter starben in den Flammen. Mit Folterungen und Mordbrennerei tragen die palästinensischen Parteien ihren Machtkampf aus.
Hamas besser organisiert
Dabei tritt die Hamas deutlich besser organisiert auf. «Die Fatah-Kämpfer sind Banden, die sich um einzelne Anführer scharren. Es gibt keine vereinte Führung», sagt ein palästinensischer Beobachter, der nicht genannt werden will.
«Die Polizei ist unterbezahlt und unmotiviert. Die Hamas hat dagegen eine Armee zur Verfügung. Tausende Mann unter Waffen. Und es scheint, dass sie unerbittlich einen Plan umsetzen.»
Zivilisten im Gazastreifen sind schockiert über das Ausmass der Gewalt. Die Verrohung wird einmal als Folge des Kampfes gegen Israel beschrieben, ein anderes mal im Zusammenhang mit der allgemeinen Hoffnungslosigkeit im Gazastreifen gesehen.
Politische Zwangsehe
Als ein Grundproblem bleibt, dass die Palästinenser mit Präsident Mahmud Abbas und der Hamas von Ministerpräsident Ismail Hanija zwei politische Organisationen mit unterschiedlichen Programmen beauftragt haben.
Zu Zeiten des Palästinenserführers Jassir Arafats hat die internationale Gemeinschaft ein solches System favorisiert, um die Amtsmacht Arafats zu beschneiden. In der Zeit nach Arafat, der im November 2004 starb, befördert dieses System den Machtkampf.
Carsten Hoffmann, dpa (Quelle: sda)
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