Freitag, 26. August 2005 / 00:20:13
Kurden und Schiiten wollen ihre Verfassung durchbringen
Bagdad - Kurden und Schiiten im Irak wollen sich im Verfassungsstreit offenbar über die Sunniten hinwegsetzen.
Der Verfassungsentwurf wird dem Volk im Oktober wahrscheinlich in fast unveränderter Form zur Abstimmung vorgelegt. Allerdings verlängerte das Parlament den Termin zur Abgabe der neuen Verfassung zum vierten Mal - diesmal um einen Tag. Dies gab Parlamentspräsident Hadschim el Hassani bekannt.
Das Verfassungskomitee hätte bis Mitternacht Bagdader Zeit einen kompletten Verfassungsentwurf vorlegen sollen. Umstritten blieb die Forderung von Kurden und Schiiten nach einem föderalen Staat. Dies lehnen die Sunniten ab, weil sie fürchten, dass sich die kurdischen und schiitischen Gebiete abspalten könnten.
Auch im Streit um die Öleinnahmen, die Rolle des Islam und die Stellung der sunnitisch dominierten ehemaligen Staatspartei Baath konnten die Volksgruppen keinen Weg aus der Sackgasse finden.
Ergebnis am Freitag?
Die Beratungen sollen am Freitag wieder aufgenommen werden. "Die Verhandlungen laufen noch. Alle haben teilgenommen", sagte el Hassani. "Wir hoffen, dass wir morgen Abend ein Ergebnis erzielen werden." In Verhandlungskreisen wurden jedoch Zweifel geäussert, ob in so kurzer Zeit eine Einigung zu Stande kommt.
Die Übergangeregierung geht davon aus, dass die Verfassung im Wesentlichen steht. Kurz vor der erneuten Verschiebung hatte Regierungssprecher Leith Kubba in Bagdad gesagt, er rechne mit nur kleinen Änderungen.
Ein weiterer Regierungssprecher sagte, die Zustimmung des Parlaments sei gar nicht nötig, weil der Entwurf faktisch schon am Montag verabschiedet worden war. Dieser hat aber Lücken und klammert die Streitfragen aus.
Frist abgelaufen
Gemäss der Übergangsverfassung hätte das Parlament die Verfassung schon am 15. August verabschieden müssen, damit sie fristgemäss im Oktober dem Volk vorgelegt werden kann.
Im Parlament sind die Sunniten nur schwach vertreten, weil sie die Wahlen im Januar für das Übergangsparlament boykottiert hatten. Einer der 15 Sunniten unter den 71 Verfassungsräten, Hussein el Falludschi, sagte, der Entwurf sei unrechtmässig. Das Parlament hätte aufgelöst werden müssen, weil die Frist abgelaufen sei. Er werde ein Bundesgericht anrufen.
Verschärft wurde die Krise durch Kämpfe zwischen rivalisierenden schiitischen Gruppen in Nadschaf, Nassirija, Amara, Basra sowie in Bagdads Schiiten-Viertel Sadr City. Über zwei Dutzend Menschen kamen ums Leben.
bert (Quelle: sda)
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