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Donnerstag, 13. August 2015 / 08:02:55

Brandstifter für Biedermänner

Dem Vaterland ist es egal, ob seine Symbole brennen oder nicht.

Vermummte zündeten am 1. August auf dem Berner Bundesplatz eine Schweizer Flagge an. Kein Haus, kein Auto und schon gar keinen Menschen, sondern eine Flagge, also ein rechteckiges Stück Stoff. Der Unterschied zu einem Schal oder einer Unterhose besteht in erster Linie im Schnitt, in zweiter Linie in der meist höheren Qualität der Letzteren. Die Flagge haben die Anzünder sogar selbst von Zuhause mitgebracht - mit Einverständnis vom Mami des einen, so darf wohl vermutet werden - es wurde also nicht einmal fremdes Eigentum zerstört.

Wenn eine Flagge brennt, ruft dies seltener die Feuerwehr, ironischerweise aber umso öfter professionelle Brandstifter auf den Plan. Nach dem 1. August beispielsweise den Berner SVP-Grossrat Thomas Fuchs. Diesem kam zu Ohren, dass niemand bei dieser «Flaggenschändung» einschritt, und er lässt sich in der Presse mit folgenden Worten zitieren: «Das ist etwa so, als ob man tatenlos zusieht, wie jemand verprügelt wird.»

Bitte was? Impliziert hier ein Politiker, es gäbe keinen Unterschied zwischen dem Leiden eines verprügelten Menschen und dem Leiden einer verbrennenden Flagge? In der Fuchs'schen Realitätsverzerrung liegt beides offenbar nahe beieinander, also macht es nur Sinn, dass dies für ihn «das widerwärtigste Zeichen (ist), das man dem Vaterland senden kann».

Nun stellen sich mir einige Fragen, beispielsweise wer oder was «das Vaterland» ist, welche Postadresse es hat und ob es klar ausgesendete Signale auch empfangen und dechiffrieren kann. Fuchs muss hier eindeutig Direktkontakt zu höheren Mächten haben, weil Normalsterbliche wie ich können stundenlang «fick dich, Schweiz!» schreien, ohne dass selbige oder ihr geschlechtsneutrales Pendant, das Vaterland, zu heulen begännen. Es ist auch nicht das Vaterland oder die gute, alte Helvetia, die erboste Facebook-Kommentare schreiben und für das Zerstören von Nationalsymbolen Strafen ähnlich wie bei einer Vergewaltigung - am liebsten noch darüber hinaus - fordern. Stattdesssen sind es immer die Biedermänner, die in «ihren Gefühlen» verletzt werden, in ihrer «Liebe zum Vaterland», ihrem «Nationalstolz» oder wie auch immer man die jämmerliche Kompensationserektion der notorisch sich als-zu-kurz-gekommen-Fühlenden bezeichnen mag.

Dass die Blut-und-Boden-Ideologie von Fuchs' Partei ein Surrogat für extremistische Positionen darstellt, ist längst bekannt und breit akzeptiert; die bald im Wochenrhythmus ausgesprochenen Parteiausschlüsse von SVP-Würdenträgern aufgrund rassistischer Ausfälle sind Beleg dafür, was alles auf dem Nährboden des SVP-Hasses gedeiht. An dieser Akzeptanz haben auch die Medien ihren Anteil, die gerne über das Pro und Contra von Flaggenverbrennungen berichten, dabei aber vor der inhaltlichen Diskussion zurückschrecken, was denn eigentlich daran schlimm sein soll, einen Stofffetzen in Brand zu setzen, und ob verletzte Gefühle nicht mehr über den Verletzten als über den Verletzer aussagen. Indem Medien stattdessen das Was und nicht über das Warum berichten, indem sie Flaggen-Fetischisten eine dankbar angenommene Plattform geben, machen sie sich zu willfährigen Gehilfen von politischen Brandstiftern. Sie halten das Zündholz vielleicht nicht in der Hand, pusten aber mit Inbrunst in die Glut, auf dass die Funken schön springen, zum ersten August.

Wobei man Fuchs zugute halten muss, dass er für den Blödsinn, den er in der Presse von sich gibt, wenigstens einsteht. Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals von einer seiner Aussagen einen Rückzieher gemacht hätte. Ganz im Gegensatz zum Churer Bischof Vitus Huonder: Dieser zitierte an einem Vortrag in Fulda aus dem Alten Testament, wo geschrieben steht, dass getötet werden müsse, wer schwul sei. Dieses Bibelwort würde «genügen, um der Frage der Homosexualität aus der Sicht des Glaubens die rechte Wende zu geben», erklärte er den frenetisch applaudierenden Anwesenden. Doch sobald der unvermeidliche Shitstorm den Kleriker erreichte, machte er einen in Anbetracht seiner Gewandung beeindruckenden Rückwärtssalto: Er habe das alles gar nicht so gemeint und wolle Homosexuelle doch keineswegs herabsetzen. Macht eigentlich Sinn, wenn man bedenkt, dass Huonder Abteilungsleiter im grössten Undercover-Darkroom der Welt ist. Oder vielmehr: Müsste eigentlich Sinn machen. Denn natürlich ist es nicht Huonder selbst, der Schwulen und Lesben das Leben schwer macht, sondern es sind die Biedermänner, die sich, von Huonders frommen Ausführungen befruchtet, aufmachen, um anderen Menschen im Namen Gottes die Fresse einzuschlagen. Huonder ist nicht derjenige, der das Zündholz an den Holzhaufen legt, aber derjenige, der die Brandstifter freudig mit Benzin ausrüstet - und sich dabei die Hände in Unschuld wäscht.

In dieselbe Kategorie gehört auch die CVP-Gruppe um Ständerat Urs Schwaller, die kürzlich ihr Positionspapier zur Asylpolitik vorgestellt hat. Hier möchte man sich offenbar im Wahlkampfjahr neben dem grossen Bruder SVP auch mal wieder zeigen und sicherstellen, dass der äussere rechte Rand in der selbsternannten Familienpartei wieder eine schwarz-braune Heimat findet. Natürlich wird in diesem Positionspapier auf Stellvertreter geschossen, und wie so oft sind es die Asylbewerber: Diese sollen in Zukunft zu Arbeit verpflichtet werden, ihre Löhne sollen, bis auf ein Taschengeld, vom Staat als «Gegenleistung für Kost und Logis» eingezogen werden und statt Bargeld soll es künftig nur noch Gutscheine geben, um Zahlungen in die Heimat der Flüchtlinge zu unterbinden.

Selbstverständlich sind diese Vorschläge von vorne bis hinten Rohrkrepierer. Denn die Arbeit, welche die Asylbewerber und vorläufig Aufgenommenen künftig ausüben müssen, sollen diese auf dem freien Arbeitsmarkt finden - demselben freien Markt, wohlverstanden, auf dem bereits die schlecht ausgebildeten Schweizer keinen Job mehr finden, trotz absolvierter Schulpflicht und Kenntnissen der hiesigen Sprache. Co-Autor Urs Schwaller ist aber «überzeugt, dass in mehreren Bereichen mehrere hundert oder tausend Stellen» gefunden werden könnten (Echo der Zeit vom 2. August 2015). Selbst wenn dies stimmen würde: Was die anderen 22'000 Asylbewerbern mit ihrem Arbeitszwang anfangen sollen, lässt der Fraktionspräsident unbeantwortet. Und auch die Tatsache, dass Zwangsarbeit nicht nur gegen internationale Abkommen, sondern auch gegen Schweizer Grundrecht verstösst, ist den selbsternannten Hütern von Anstand und Moral weniger wichtig. Die Partei habe Fragen des Grundrechts in Bezug auf den Vorschlag noch nicht näher angeschaut, aber trotzdem schaut Co-Autor und Nationalrat Gerhard Pfister einem Prozess am Menschenrechtsgerichtshof in Strassburg «zuversichtlich entgegen». Damit demaskiert er den «konstruktiven Vorschlag» gleich selbst als widerliche, populistische und menschenverachtende Wahlkampffarce.

Auch nach den Nationalratswahlen 2015 wird es Biedermänner geben, die mit Fackeln im Dorf herumgehen, um alles niederzubrennen, was zwischen ihren Scheuklappen keinen Platz findet, angestachelt und legitimiert von denen, die einfach «nur sagen, was gesagt werden muss». Und wenn dann Homosexuelle niedergestochen, Demonstranten verprügelt und Asylheime angezündet werden, dann will es wieder niemand gewesen sein.

Zumindest die Herren Fuchs, Huonder und Schwaller werden dann wohl die Hände zur Raute falten, eine Leidensmiene aufsetzen und in blumigsten Worten die traditionelle Solidarität und Offenheit der Schweiz beschwören, während hinter ihnen die Feuer zum Himmel lodern. Feuer, welche von den Brandbeschleunigern genau dieser scheinheiligen Berufsbedenkenträger genährt werden.

Folgerichtig wird dann wahrscheinlich im SRF-Club eine Neuauflage der weltbewegenden Frage «Was ist ein guter Schweizer?» diskutiert.

Claude Fankhauser (Quelle: news.ch)

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