Dienstag, 30. August 2011 / 13:26:00
Neue Energiepolitik und Klimaziele - kein Gegensatz
Wir erinnern uns: Vor vier Jahren war das Thema Klima und die globale Erwärmung Wahlthema Nummer 1. Der Dokumentarfilm «An Inconvenient Truth» zur Klimaerwärmung bewegte die ganze Welt. Und heute? Seit dem Super-Gau in Fukushima steht nicht mehr die Klimaerwärmung, sondern die Energiepolitik im Vordergrund.
Sogar Japan will aus der Atomenergie aussteigen. Die fünf bestehenden Schweizer Atomkraftwerke (AKW) sollen am Ende ihrer Betriebsdauer stillgelegt werden. Denn in den nächsten 15 Jahren wird das Schweizer Stimmvolk sicher keinem neuen AKW zustimmen. Die Atomenergie hat ihren absoluten Tiefpunkt der gesellschaftlichen Akzeptanz erreicht.
Für eine Stromproduktion ohne Atom braucht es Einsparungen, mehr Energieeffizienz, den Ausbau der Wasserkraft (unter Berücksichtigung des Landschaftsschutzes) und die Förderung der erneuerbaren Energien, sowie wahrscheinlich auch Gaskraftwerke. Hier sehen einige bereits unsere CO2-Klimapolitik gefährdet. Neben ernsthaft Besorgten wird die Klimapolitik plötzlich von dezidierten Atomkraft-Vertretern ins Feld geführt. Sind dies redliche Motive?
Neue Energiepolitik muss Klimaziele einhalten
In den Diskussionen um den Klimaschutz und die künftige Energieproduktion ist für mich eines von grösster Wichtigkeit. Die künftige Energiestrategie darf die klimapolitischen Ziele nicht verunmöglichen. Mit dem Ausstieg aus der Atomenergie müssen wir somit knapp 10 Prozent unserer Energiequellen ändern und den Energieverbrauch weitmöglichst durch Effizienz reduzieren. Viele CO2-senkenden Massnahmen ersetzen zwar fossile Energie durch Strom, so zum Beispiel Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge. CO2 kann jedoch andernorts eingespart werden: Solaranlagen für die Warmwasseraufbereitung können sowohl Elektroboiler als auch Öl ersetzen. Wärmepumpen nutzen die Erdwärme und sind trotz Stromverbrauch eine Alternative zu den 240'000 Elektroheizungen und zu den 840'000 Ölheizungen in der Schweiz, wie Andrea Burkhardt, Abteilungsleiterin beim BAFU, in einem früheren Blog festgehalten hat (>siehe Weiterführende Links). Mit der Förderung der Erneuerbaren Energien und Cleantech können wir wirklich «world class - swiss made» werden. Ohne die Klimaziele zu vernachlässigen.
Gesucht sind neue Ideen für CO2-Sparanreize im Verkehr
Die Situation heute sieht nicht sehr positiv aus. Die Schweiz wird ihr international verbindliches Ziel zur Verminderung des CO2-Ausstosses im Zeitraum 2008 bis 2012 voraussichtlich um 0,8 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr verfehlen. Dies ist sehr bedauerlich. Während sich die Entwicklung der CO2-Emissionen des Brennstoffsektors auf Zielkurs befindet, sind die Emissionen im Treibstoffbereich zwischen 1990 und 2009 weiter angestiegen. Für die Kyoto-Verpflichtungsperiode 2008 bis 2012 müssen wir mit einer Ziellücke von 4 Millionen Tonnen CO2 rechnen. Offensichtlich hat es am nötigen Umsetzungswillen gefehlt. Freiwillige Massnahmen alleine genügen nicht. Lenkungsabgaben im Verkehr sind in der Schweiz kaum durchsetzbar und verschiedene politische Entscheidungsträger bezweifeln ihre Wirksamkeit. Die ansteigenden Ölpreise haben kaum Verhaltensänderungen der Schweizer Bevölkerung bewirkt. Selbst wenn die CO2-Abgabe auf Treibstoffe vor Ende 2012 noch eingeführt werden könnte, würde sie keinen ausreichend hohen Reduktionsbeitrag mehr leisten, um die Kyoto-Zielerreichung garantieren zu können, muss das BAFU eingestehen.
Wir brauchen andere Lösungen für CO2-Einsparungen im Verkehr: Kleinere und leichtere Autos, den 3-Liter Motor und eine Raumplanung, die Wohnen und Arbeiten wieder zusammenführt. Wir brauchen Alternativen zu den Lenkungsabgaben auf Treibstoffen. Hier sollten wir einen Ideenwettbewerb starten. Gute Vorschläge sind gesucht! Denn im Verkehr - neben den Gebäudemassnahmen - ist das Einsparpotential gross.
Gastautorin Kathy Riklin (Quelle: ETH-Zukunftsblog)
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Links zum Artikel:
Energiewende und Klimaschutz sind kein Widerspruch
Blogbeitrag 14.06.11 von Andrea Burkhardt
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