Dienstag, 15. Juni 2010 / 11:16:36
WM-Tagebuch: «Das sind aber schöne Trikots, Mama!»
In seinem WM-Tagebuch berichtet der news.ch-Fussball-Experte Pascal Dörig über die Highlights, Überraschungen und Enttäuschungen des vergangenen WM-Tages. Enttäuschung muss heute leider gross geschrieben werden.
Liebes Tagebuch: Der Tag war endlich gekommen, meine Oranjes starteten gegen Dänemark ins Turnier. In bester Erinnerung noch immer der holländische Traumfussball aus der Vorrunde bei der EM in der Schweiz und Österreich. Diesen Spektakelfussball vermisste ich dann aber schmerzlich. Für Spektakel und schöne Tore waren an diesem Tag die Dänen zuständig.
Ein dänisches Missgeschick war es nämlich, das Holland mit 1:0 in Führung brachte. Der Däne Simon Poulsen köpfte Teamkollege Daniel Agger raffiniert gegen den Rücken, Thomas Sörensen im Tor war machtlos. Auch ich konnte mir, wie Vorbereiter Simon Poulsen, ein Schmunzeln nicht verkneifen.
Fünf Minuten vor Spielende haben dann auch die Holländer gemerkt wo das Tor steht, als Dirk Kuyt zum 2:0 Endstand traf. Schön fand ich hier die Vorarbeit von Eljero Elia, der die Verteidiger mit einem geschickten Pass gegen den Pfosten aussteigen liess und Dirk Kuyt das Toreschiessen leicht gemacht hat.
«Der schwarze Robben»
Elia gefiel mir sowieso gut. Nach seiner Einwechslung brachte er viel frischen Wind ins Spiel - einer musste ja. Arjen Robben sass wegen seiner Verletzung auf der Bank und kein Oranger war in der Lage etwas zu unternehmen. Seit gestern nenne ich Eljero Elia deshalb „den schwarzen Robben“. Für Holland war das übrigens der 20. Sieg in Folge. Nur noch sechs Siege in Südafrika und die Niederlande ist Weltmeister 2010, so einfach ist das.
Die zahmen Löwen aus Kamerun
Weiter ging es dann mit Japan gegen Kamerun. Nach Algerien – Slowenien dachte ich eigentlich das schlechteste Spiel der WM gesehen zu haben, aber da habe ich die Rechnung ohne diese Langeweile-Fussballer gemacht. Was die beiden Teams boten war der blanke Horror. Dass Keisuke Honda den 1:0-Siegtreffer erzielte interessierte eigentlich nur die Statistiker.
Das schönste am Spiel waren die Trikots der „unzähmbaren Löwen“ aus Kamerun, die gestern höchstens ein kleines „Miau“ von sich liessen. Die Kombination der gelben Shirts und den grünen Shorts, gepaart mit den grün-roten Socken konnten sich sehen lassen (siehe Bild). Dies wird wohl auch meine Mutter so sehen, die sonst eigentlich bei jedem Fussballtrikot etwas auszusetzen hat: „Die sehen ja aus wie Sträflinge“, „was sollen die gelben Socken zu den roten Trikots“ und vieles mehr musste ich mir schon anhören.
«Das war gar nicht weltmeisterlich»
Um 20.30 Uhr folgte der erste Auftritt des Weltmeisters. Das einzige was an diesem Spiel weltmeisterlich war, war wie weltmeisterlich schlecht Italien spielte. Die schwache erste Hälfte der Italiener wurde mit dem Tor von Alcaraz zum 1:0 für Paraguay gekrönt. Auch ich konnte mir einige Freude über den Treffer nicht verkneifen. Verbunden mit der Hoffnung, dass uns so eine besser zweite Hälfte bevorsteht.
Italien-Hüter Gianluigi Buffon hatte kein Bock mehr auf das Spiel und blieb zur Pause einfach in der Kabine. Sein Gefühl trog ihn nicht, die zweite Halbzeit wurde nicht besser. Das Tor von Daniele de Rossi konnte auch nicht über dies hinwegtrösten. Es machte mir so den Eindruck, als ob Paraguay-Keeper Justo Villar etwas Mitleid mit dem Weltmeister hatte. Villar irrte bei der Ecke, die zum Tor führte, durch den Strafraum, was er da gesucht hat ist mir ein Rätsel, jedenfalls nicht den Ball.
Mein persönliches Highlight, natürlich das Spiel der Oranje ausgenommen, ereignete sich nach dem Spiel der „Squadra Azzurra“, nämlich nichts. Kein Gehupe auf den Strassen, himmlische Stille herrschte. Und das, obwohl Italien gespielt hat.
Pascal Dörig (Quelle: news.ch)
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