Donnerstag, 19. März 2009 / 20:53:01
EU schliesst weitere Konjunkturhilfen aus
Brüssel - Der Aufruf der US-Regierung zu mehr Konjunkturhilfen findet in Brüssel wenig Gehör. Mehrere Staats- und Regierungschefs der EU erteilten der Forderung aus Washington zum Auftakt ihres zweitätigen Treffens eine Absage.
Der tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz innehat, schloss weitere Konjunkturpakete zum jetzigen Zeitpunkt aus. «Im Augenblick können wir nicht viel mehr tun», sagte er. Vertrauen könne man weder befehlen noch kaufen. «Wir haben das Nötige getan», sagte auch der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, alle EU-Partner hätten «Konjunkturprogramme in erheblichem Ausmass» aufgelegt. Der schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt verwies auf die bereits jetzt übermässigen Haushaltsdefizite vieler EU-Staaten: «Das schafft jetzt und auch in der Zukunft Probleme.»
Das US-Konjunkturprogramm ist mit 787 Milliarden US-Dollar grösser als das europäische mit knapp 500 Milliarden Euro. Jedoch verweisen die Europäer darauf, dass ihre Modelle dank Stabilisatoren wie Arbeitslosenhilfen wirksamer seien.
Stärkere Regulierung
Statt auf höhere Konjunkturpakete setzen die EU-Staaten auf eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte. Erklärtes Ziel des Gipfels ist es, ein gemeinsames Vorgehen zur Überwindung der Wirtschaftskrise festzulegen. Damit soll die EU am Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländern (G20) in zwei Wochen in London Geschlossenheit demonstrieren können.
«Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Regeln für eine neue Finanzmarktarchitektur in London verabschiedet werden», sagte Merkel. «Es wird ein Signal der Gemeinsamkeit von diesem Rat ausgehen.»
Im Entwurf zu den Schlussfolgerungen des Gipfels heisst es, alle Finanzmarktprodukte und -teilnehmer sollten künftig einer rigorosen Kontrolle unterworfen werden. Dazu sollen unter anderem die Kompetenzen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gestärkt und dessen Budget verdoppelt werden.
Steuerstreit belastet Stimmung
Wegen der hitzigen Steuerdebatte zwischen dem deutschen Finanzminister Peer Steinbrück und der Schweiz, flammte das Thema auch am Rande des Gipfels auf. Luxemburgs Regierungschef Juncker lehnte eine schwarze Listen entschieden ab.
Juncker sagte, es gebe keinen Grund dafür, irgendein EU-Mitglied auf eine solche Liste zu setzen. Es sei auch falsch, dass erst die Drohung Länder wie Luxemburg dazu bewogen habe, Schritte gegen Steuerhinterziehung einzuleiten.
Merkel hinter Steinbrück
Merkel stärkte Steinbrück den Rücken. Es sei richtig, «Ross und Reiter zu nennen», sagte sie am Donnerstagmorgen bei einer Rede im deutschen Bundestag.
Eine Debatte über die Bankgeheimnisse einzelner EU-Länder wie Luxemburg oder Österreich stand nach Angaben der tschechischen Ratspräsidentschaft nicht auf der Tagesordnung des Gipfels. Im Vorfeld hatten aber sowohl Juncker als auch der österreichische Finanzminister Josef Pröll angekündigt, das Thema anzusprechen.
ht (Quelle: sda)
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