Donnerstag, 13. November 2008 / 11:07:29
Milliardenspritze ins Bauarbeiter-Dekolleté
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Nachdem den Grossbanken, die mit grosser Voraussicht und Sachkompetenz Unsummen in Ramschpapieren versenkt hatten, der Staat mit Dutzenden Milliarden beigestanden ist, wurde es auch langsam Zeit, dass der Realwirtschaft vor Ort mit einer Konjunkturspritze auf die Sprünge geholfen wurde, mit der Hochwasserverbauungen finanziert werden sollen.
Der Zusammenhang an notwendigen Hochwasserverbauungen und einer Konjunkturkrise vermag einem einfachen Gemüt wie dem Autor dieser Zeilen leider nicht wirklich einzuleuchten, glaubte er doch, dass solche Bauwerke immer schnellstmöglich erstellt werden müssen, wenn Leib und Leben gefährdet sind. Konjunktur hin oder her.
Etwas sinnvoller erscheinen da schon die Gelder, die für energetische Gebäudesanierungen bereitgestellt werden, resultiert daraus doch ein Mehrwert, der sonst nicht zu erwarten wäre – zumindest nicht so schnell. Dass dazu die Handelsbilanz ein wenig aufgepäppelt wird, ist auch nicht übel. So lässt sich auch nicht viel dagegen einwenden, dass noch weitere Investitionen in diese Richtung angedacht sind.
Doch staatliche Investitionsprogramme haben meist einen Haken: Es werden damit vor allem jene wirtschaftlichen Segmente bedient, die bereits fest etabliert mit diversen Vertretern in jenen Kreisen installiert sind, welche über diese Finanzspritzen entscheiden. Wäre es nicht innovativer, das Geld dort einzusetzen, wo es Arbeitsplätze sichert und sogar schafft, durch die so generierten Löhne den Konsum aufrecht erhält UND die Konkurrenzfähigkeit der Schweiz in der Zukunft verbessert?
Es gäbe dazu zwei Ansätze. Zum einen die Modernisierung der Infrastruktur der Schweiz, indem zum Beispiel Städte wie Zürich und St. Gallen, die schon damit begonnen haben, aber auch alle anderen, die das wollen, dabei unterstützt werden, eine moderne Glasfaserinfrastruktur möglichst schnell aufzubauen. Je schneller die Schweiz das Kupferzeitalter hinter sich hat, desto besser. Die Wirtschaft könnte billiger auf leistungsfähigere Kommunikationsdienstleistungen zurück greifen und diese Investition würde Renditen auf Jahre hinaus bringen.
Die andere Möglichkeit wären günstige Kredite für aufstrebende KMU's. Viele dieser Firmen, die das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft bilden, leiden unter neuen, restriktiven Kreditrichtlinien, deren Ursachen nicht bei Ihnen, sondern bei den Banken selbst liegen. Der Bund könnte solchen erfolgreichen Klein- und mittelgrossen Firmen auf deren Ansuchen hin, einen Teil oder die ganze direkte Bundessteuern als niedrig verzinsten Kredit gewähren, wenn die Summe in die Firma investiert würde. Damit verbliebe mehr Liquidität in den Unternehmen und gewisse Investitionen würden vorgezogen, Arbeitsplätze gesichert oder gar geschaffen.
Das übliche Vorgehen, einfach ziellos etwas Geld dorthin zu schmeissen, wo die meisten Lobbyisten sitzen, ist hingegen etwas antiquiert. Denn hier kann man davon ausgehen, dass sehr wenige grosse Unternehmen das meiste Geld kassieren, verbrauchen und damit die eigenen Bücher aufpolieren werden. Innovation und Fortschritt hingegen ist nicht wirklich aus diesen Kreisen zu erwarten.
Konjunkturspritzen ins Bauarbeiterdekolleté sollten ein Ding der Vergangenheit sein. Dass dem Bundesrat scheinbar nichts besseres einfällt zeugt nicht wirklich von grosser Innovationskraft – jenem, dass wir in der Schweiz momentan am dringendsten brauchen.
von Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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