Donnerstag, 30. Oktober 2008 / 12:13:56
Milliardenschlacht ums Weisse Haus bricht Rekorde
Washington - Im Endspurt vor der US-Wahl am Dienstag ist die Materialschlacht in vollem Gange, ihr Schlachtfeld ist der Bildschirm. Höhepunkt war die halbstündige Obama-Show zur besten Sendezeit auf mehreren Kanälen.
In Hollywood-Manier inszenierte sich der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Barack Obama als Landesvater: Obama im Gespräch mit den Bürgern, Sternenbanner im Hintergrund, Bilder von goldenen Weizenfeldern, das alles unterlegt mit zarten Streicherklängen - es war eine emotionale, technisch perfekte Inszenierung.
Bis zu fünf Millionen Dollar dürfte der Dauer-Werbespot gekostet haben, mit dem Obama seine finanzielle Überlegenheit im Kampf ums Weisse Haus demonstrierte.
53 Tage Obama-Spots
Allein in den vergangenen drei Wochen liess Obama USA-weit 140'000 TV-Spots auf die Zuschauer niederprasseln. Aneinandergereiht würden die Filmchen 53 Tage dauern, errechnete die «New York Times».
Sein republikanischer Gegner John McCain kommt nicht mal auf die Hälfte, er kann finanziell nicht mithalten. Denn Barack Obama ist der König Midas des US-Wahlkampfs: Was er anfasst, wird zu Geld.
Mehr als 780 Millionen Dollar an Spenden hat Obama von seinen Anhängern gesammelt, nie hatte ein Kandidat mehr Geld zur Verfügung. McCain kommt nur auf 340 Millionen. Der Unterschied ist so gross, dass sich die Frage der politischen Fairness stellt.
Kritik entkräften
McCain blieb nicht viel anderes übrig, als sich über Obamas «watteweichen Wohlfühl-Film» lustig zu machen. Obama nutzte den teuren Streifen, um die Kritik der Republikaner an ihm zu entkräften und zweifelnde Wähler mit seiner Lebensgeschichte vertraut zu machen.
Diese erfuhren, dass Obama mit seinen Töchtern «Harry Potter» gelesen hat und sie jeden Abend anruft. In emotionalen Passagen berichtete er vom frühen Krebstod seiner Mutter.
Die Geschichten sollen jene widerlegen, die Obamas Verwurzelung in uramerikanischen Werten anzweifeln. Seine Botschaft richtete sich an die wirtschaftlich bedrängte Mittelschicht, viele einfache Leute kamen in dem Film zu Wort und berichteten von ihren Sorgen.
Gekaufte Präsidentschaft?
Die betont patriotische Präsentation steht im Widerspruch zu den jüngsten Attacken von McCain, der Obama als linken Experimentierer mit sozialistischen Neigungen hinstellt. Das Gute für Obama: McCain kann nicht mit gleicher Waffe zurückschlagen.
Die Republikaner wittern Wettbewerbsverzerrung. «Barack Obama ist auf dem Weg, sich die Präsidentschaft zu kaufen», kritisiert der Publizist Richard Baehr vom konservativen «American Thinker»: «Das ist kein fairer Kampf.»
McCain hat das Problem, dass er staatliche Wahlkampffinanzierung annehmen musste - und damit bei den Ausgaben bestimmten Obergrenzen unterliegt, nämlich 84 Millionen Dollar in den letzten beide Monaten vor der Wahl.
Obama hat die staatlichen Beihilfen ausgeschlagen und finanziert sich nur durch freiwillige Zuwendungen seiner Anhänger. Er kann soviel ausgeben, wie er einnimmt. Und seine Einnahmen brechen alle Rekorde, allein im September waren es 150 Millionen Dollar.
Immer mehr
Die Kampagnenbudgets stiegen in den vergangenen Wahlen stetig an. 1992 zur Zeit von George Bush, Bill Clinton und Ross Perot waren es noch 192 Mio. Dollar für alle Kandidaten.
Bei der letzten Wahl 2004 waren es bereits 717 Mio. Dollar, diesmal werden die Kandidaten nach einer Schätzung des unabhängigen Washingtoner Center for Responsive Policies mehr als 1,3 Milliarden Dollar ausgeben.
Peter Wütherich (Quelle: afp)
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Barack Obama in seinem TV-Spot
Barack Obama und seine mediale Präsenz im US-Wahlkampf.
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