Mittwoch, 27. Februar 2008 / 16:34:25
Serbien ist beleidigt: Botschafter zurückbeordert
Bern - Die Schweiz anerkennt das Kosovo als eigenständigen Staat. Der Bundesrat beschloss am Mittwoch, diplomatische und konsularische Beziehungen mit dem Land aufzunehmen. In einer ersten Reaktion rief Serbien seinen Botschafter zu Konsultationen zurück.
Die Landesregierung folgt mit der Anerkennung des Kosovo den Empfehlungen der aussenpolitischen Kommissionen des Parlamentes.
Der Bundesrat begrüsse den «zum Ausdruck gebrachten festen Willen der Behörden des Kosovo», alle Verpflichtungen vollumfänglich zu erfüllen, erklärte Bundespräsident Pascal Couchepin vor den Medien. Dazu gehörten der Minderheitenschutz und die Überwachung der Unabhängigkeit durch eine zivile und militärische internationale Präsenz.
Voraussetzung für Stabilität
In einer Situation, «in der emotional so viel auf dem Spiel steht und widersprüchliche Interessen aufeinandertreffen», gebe es keine Ideallösung, gab Couchepin zu bedenken. Der Bundesrat sei aber der Auffassung, dass «diese neue Etappe in der politischen Neugestaltung der Region jeder anderen Lösung vorzuziehen» sei.
Die Anerkennung des Kosovo gehe einher mit dem Willen, «die jetzt schon engen Beziehungen zu Serbien weiter zu intensivieren und die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Serbien zu verstärken».
Laut Couchepin ist der serbische Präsident unmittelbar nach dem Entscheid über die Anerkennung des Kosovo durch die Schweiz mit einem Brief informiert worden.
Im Schreiben habe man den Willen der Schweiz betont, die Zusammenarbeit mit Serbien im Rahmen der internationalen Organisationen fortzuführen. Serbien ist Mitglied der von der Schweiz angeführten Stimmrechtsgruppe beim IWF und der Weltbank.
Angriff auf Integrität
Die Regierung Serbiens wertet die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo durch die Schweiz als «Angriff auf seine Souveränität und Integrität des Landes», wie die Botschaft in Bern in einem Communiqué mitteilte. Wie bereits im Falle der USA oder zuletzt Polens, rief die Regierung den serbischen Botschafter Dragan Marsicanin zu Konsultationen nach Belgrad zurück.
In der Schweiz wurde die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo unterschiedlich aufgenommen. Nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker ging die Schweiz damit eine Verpflichtung gegenüber den dortigen Minderheiten ein. Die Schweiz müsse sich nun dafür einsetzen, dass der Kosovo multiethnisch bleibe.
Auns und SVP: Neutralitätsverletzung
Kein Verständnis für die Anerkennung hat die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns). Sie kritisiert den Schritt als «kapitalen Fehlentscheid und Ausdruck eines verwahrlosten Neutralitätsverständnisses» des Bundesrats.
Die Auns-Stellungnahme entspricht der Haltung der SVP, die ebenfalls von einer Neutralitätsverletzung spricht. Die Anerkennung des Kosovo sei voreilig und unüberlegt erfolgt, heisst es in einer SVP-Mitteilung.
CVP zurückhaltend
SP, FDP und Grüne hingegen befürworteten schon kurz nach der Ausrufung der Unabhängigkeit eine Anerkennung in Absprache mit der internationalen Gemeinschaft. Die CVP hielt sich bedeckt. Sie ermahnte die Regierung im Vorfeld des Entscheides aber, die guten Beziehungen zu Serbien nicht aufs Spiel zu setzen.
Die Schweiz will ihre Bemühungen um den Aufbau des Staates weiterführen. Neben dem militärischen Engagement in der Swisscoy will sie auch bis zu 20 Experten für die geplante EU-Mission stellen. Dabei handelt es sich um Fachleute der Polizei, des Zolls und des Rechts, wie EDA-Sprecher Knuchel erläuterte.
fest (Quelle: sda)
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