Freitag, 28. Oktober 2005 / 10:51:53
Das 'Rad des Bösen' dreht sich weiter
Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad rief zur Vernichtung Israels auf und Aussenminister Manuschehr Mottaki doppelte nach, als er betonte, dass der Iran das 'zionistische Besatzungsregime' nicht anerkenne. Das Ganze wird nun mit einer staatlich organisierten Massendemo abgerundet.
Es sieht ganz danach aus, als würde sich ein Rad der von George W. Bush einst so pathetisch verkündeten Achse des Bösen, munter weiter drehen. Wobei natürlich alle, die sich jetzt empört und erstaunt über die rüden Töne Ahmadinedschads geben, offenbar vergassen, dass diese Doktrin der Vernichtung Israels ein Grundpfeiler der teheraner Theokratie ist.
Also, warum das grosse Aufsehen? Vermutlich weil der Einfluss von Teheran auf die Terroristen in Palästina konstant stärker wird. Der 'Islamische Dschihad' scheint vor zu haben, eine neue Anschlagswelle zu starten und somit die Befriedung des nahen Ostens wieder zu stoppen. Dies ganz im Interesse des Irans – die palästinensische Regierung wird dabei ignoriert.
Trotzdem überrascht die Aggressivität im Ton und das ungehemmte bestärken dieser Aussagen trotz heftigster Proteste aus der ganzen Welt. Woher kommt dieses neue Selbstbewusstsein?
Zum einen ist natürlich entscheidend, dass Ahmadinedschad ein Hardliner ist, der nun einfach seine Aussagen aus dem Wahlkampf umsetzt und natürlich glaubt, Gott auf seiner Seite zu haben...
Auch kann man in diese Aussagen hinein interpretieren, dass der Iran näher an der 'islamischen Bombe' ist, als es einem je lieb sein könnte. Denn kann er wirklich ernsthaft glauben, dass Selbstmordattentäter tatsächlich Israel aus der islamischen Welt tilgen könnten?
Was aber viel stärker zum Ausdruck kommt, ist die Gewissheit Ahmadinedschads, dass die USA entscheidend durch das Irak-Abenteuer geschwächt sind. Er fürchtet keine Invasion oder auch nur einen grösseren Angriff mehr und hat dafür gute Gründe. Es ist ihm genau so wie auch uns bekannt, dass die US-Armee die Rekrutierungsziele verpasst, dass die amerikanische Öffentlichkeit kriegsmüde geworden ist und sich Bush kein weiteres Abenteuer erlauben kann. Niemand würde ihm mehr glauben, dass dies nur ein Spaziergang werden würde. Kommt dazu, dass Bushs Rückhalt in der Bevölkerung der USA weg krümelt wie eine Sandburg im Sturm.
Die Konstellation der Sache ist dabei fast schon irre: Die Bush-Administration hat durch den Einmarsch im Irak einen der stärksten Gegner des schiitischen Iran aus dem Spiel genommen. In der Folge begannen sunnitische Terroristen, die schiitische Bevölkerungsmehrheit und die US-Besatzer zu terrorisieren – mithin Terroristen, die auch das Regime im Iran hassen. Doch genau diese halten die US-Armee so in Atem, dass diese fast keine Bedrohung für die Iraner mehr zu sein scheint.
Zudem ist der Irak zum Auflaufplatz für Islamisten aus der ganzen Welt geworden, wo vermutlich auch Palästinenser ausgebildet werden, die wiederum in Israel Anschläge planen und ausführen.
Es zeigt sich immer mehr, dass der lausig geplante und katastrophal ausgeführte Feldzug im Irak keinesfalls mehr Sicherheit gebracht hat. Der wirklich gefährliche Iran ist stärker als je zuvor und hat jetzt auch wieder eine Führung, die alles daran setzen wird, seinen Machtbereich auszuweiten. Die einzige Hoffnung wäre jetzt eine Stabilisierung des Irak. Ob dies mit der neuen Verfassung gelingen wird, muss sich zeigen. Die Gefahr, dass sich der Iran einen schwachen Irak nach dem Abzug der Amerikaner einverleiben will, ist keineswegs illusorisch - ein schiitischer Supergottesstaat wäre das Resultat.
Das war bestimmt nicht das Ziel, welches Bush im Sinn hatte, als er Saddam stürzen ging. Es wird nun an der UNO sein, den Versuch zu starten, beim Iran auf die Bremse zu treten, bevor es wirklich knallen wird.
von Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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