Dienstag, 19. Oktober 2004 / 11:45:39
Auch die Kongressmacht steht auf dem Spiel
Washington - Im heissen Wahlkampf um das Weisse Haus geht oft unter, dass am 2. November in den USA auch Parlamentswahlen anstehen. Alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats stehen zur Disposition.
Ein Machtwechsel in einem der beiden zur Zeit von Republikanern kontrollierten Häuser ist nicht ausgeschlossen - mit erheblichen politischen Konsequenzen. In den USA wird der Präsident direkt gewählt und muss oft mit einem Parlament regieren, das von der politischen Gegenseite kontrolliert wird.
Für Kenia steht der Hauptgewinner der US-Wahlen bereits heute fest: Barrack Obama, Sohn eines kenianischen Ziegenhirtes, wird an diesem Tag als einziger Schwarzer für die Demokraten in den Senat gewählt.
In seinem Heimatsstaat Illinois liegt der Harvard-Absolvent nach Umfragen uneinholbar in Front. Obama löst einen Republikaner ab, der nicht mehr antritt. Ein Sitzgewinn ist den Demokraten damit sicher.
Machtwechsel im Senat möglich
Insgesamt sind 10 der 34 Senatssitze, die neu besetzt werden, umstritten. Die Republikaner haben im Senat nur einen Sitz Mehrheit. Der Kongress-Experte des Brookings-Instituts, Thomas Mann, hält den Machtwechsel für möglich.
Im Repräsentantenhaus sind die Verhältnisse anders. Die Demokraten müssten netto 13 Sitze gewinnen, um die Republikaner abzulösen. Das hält Mann für unwahrscheinlich. Nur rund drei Dutzend Wahlkreise sind hier wirklich umkämpft.
"Eins ist klar: Wer auch immer Präsident wird, er wird es mit ziemlich knappen Mehrheiten zu tun haben", sagte Mann. Wenn George W. Bush im Amt bestätigt wird, könnte er es mit einem demokratischen Senat zu tun bekommen. Ein Präsident John Kerry müsste sich auf ein republikanisches Repräsentantenhaus einstellen.
Oft geteilte Regierungen
Die Republikaner schafften mit der Wahl von Bush vor 4 Jahren, was ihnen 50 Jahre lang verwehrt war: Sie kontrollierten das Weisse Haus und beide Parlamentskammern. Das änderte sich mit der Abwanderung eines republikanischen Senators 2001 vorübergehend. Bei den Parlamentswahlen 2002 stellten sie die Mehrheit wieder sicher.
Historisch ist eine geteilte Regierung, in der mindestens eine Kammer von der Gegenpartei des Präsidenten dominiert wird, eher die Regel als die Ausnahme. Die Demokraten hatten die Oberhand in mindestens einem der beiden Häuser von 1949 bis 1995.
Jeder republikanische Präsident - Eisenhower, Nixon, Reagan, Bush (der Vater des jetzigen Präsidenten) - musste mit demokratischen Mehrheiten im Parlament regieren. Dann spülte unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton ein Erdrutsch die Republikaner in beiden Häusern an die Macht.
Der Kongress ist ausserordentlich mächtig. Alle Gesetze werden dort geschrieben. Der Präsident kann noch so viele Initiativen anschieben, die Abgeordneten sitzen am längeren Hebel, weil sie die Finanzen kontrollieren. Auch internationale Verträge müssen im Kongress bestätigt werden.
Christiane Oelrich (Quelle: dpa)
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