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Jyllands Posten Kulturchef Flemming Rose: Nicht Vertreter des aufklärerischerischen sondern des romantischen Liberalismus

 
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Donnerstag, 25. Februar 2016 / 07:26:25

Romantischer Liberalismus

Die Politologin Gina Gustavsson von der Universität Uppsala hat die Argumentationen im Karikaturenstreit analysiert. Sie stellt fest, dass in dieser Debatte den religionskritischen Äusserungen vorschnell ein aufklärerischer Liberalismus unterstellt wurden.

Soziologische Untersuchungen ergäben jedoch, dass in der heute in westlichen Ländern verbreiteten Haltung eine deutliche Zunahme der Betonung des authentischen Selbstausdrucks, der persönlichen Entwicklung und Selbstverwirklichung zu beobachten sei, auf Kosten von typisch aufklärerischen Werten wie kritisches Denken und der ergebnisoffenen Suche nach gemeinsamen moralischen Regeln. Der Trend sei zunehmend ein «expressiver Individualismus», der namentlich nach spirituellem Wohlbefinden frage, nach Verinnerlichung und Hinwendung zu Intuition und Gefühl anstelle von Vernunft und Reflexion. Diese Werteverschiebung bedeute, dass man zum Beispiel Respektlosigkeiten im Namen des Liberalismus genauer untersuchen müsse.

Gustavsson schlägt den Rückgriff auf eine vernachlässigte liberale Tradition vor, die bisher in der aktuellen Debatte nicht berücksichtigt worden sei: den romantischen Liberalismus. Sie hat diesen Ansatz auf den Fall der dänischen Mohammed-Karikaturen angewandt, der bislang immer als Beispiel für aufgeklärten Liberalismus galt. Unter Liberalismus versteht sie dabei grundsätzlich jede Position, die universelle politische Freiheiten verteidigt, Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, politische Freiheit und das Recht auf Privatsphäre, auch wenn sie im Fall des romantischen Liberalismus in erster Linie dazu dienen sollen, ein bestimmtes Verständnis und Ideal zu fördern.

Ihre Untersuchung der Argumentation der Schlüsselfigur im Karikaturenstreit, Flemming Rose, der damals als Kulturchef der Jyllands-Posten die Mohammed-Karikaturen in Auftrag gab, zeige, dass Rose die Wichtigkeit betonte, zu seinen Überzeugungen zu stehen, sich für diese einzusetzen - kaum aber sie zu reflektieren - und sie vor allem furchtlos zu äussern. Nicht etwa weil sie universell seien und von allen zu respektieren, sondern weil es unsere Überzeugungen seien. Roses Held sei nicht der reflektierende Philosoph, sondern der kreative Künstler, der eher das Märtyrertum ertrage als einen Kompromiss.

Dieser Befund steht im Kontrast zum bisherigen Diskurs, in dem die Verteidiger dieser Karikaturen jeweils auf das Ideal der Autonomie verwiesen und behauptet haben, Muslime seien nicht autonom genug, weil sie überemotional, irrational, unvernünftig oder gar unfähig zur Reflexion seien. Gustavsson kommt zum Schluss, dass Roses Aktion eigentlich darin bestand, ein moralisches Exempel zu statuieren, wie wir unsere Meinungsäusserungsfreiheit benutzen sollten, eine Botschaft, die sich genauso stark an Nicht-Muslime gerichtet habe wie an Muslime, wenn nicht sogar primär. Für Rose sei die Respektlosigkeit gegenüber gläubigen Muslimen nicht ein Nebeneffekt einer aufklärerischen Tat gewesen mit dem Ziel, alle zu mehr Autonomie zu ermutigen, sondern auch Ziel an sich.

Das Hauptziel sei es gewesen, zu demonstrieren, dass, wenn religiöse Empfindlichkeiten dem authentischen Selbstausdruck entgegenstünden, letzterer sich durchsetzen müsse, weil, wie Rose glaube, es das ultimative Ziel der Redefreiheit und anderer liberaler Institutionen sei, diese Vorstellung des guten Lebens zu befördern.

Diese Argumentation bezeichnet Gustavsson als romantischen Liberalismus. Er greife auch zum Beispiel bei der Argumentation des Politologen Brendan O'Leary, der die Publikation der Karikaturen mit dem Recht der Arbeiterklasse gerechtfertigt habe, ihre Kritik am Multikulturalismus zu äussern, anstatt ständig belehrt zu werden. Gustavsson schreibt, dass diese Ansicht sehr weit weg vom aufklärerischen Liberalismus sei, der sich nicht grundsätzlich gegen eine Belehrung stelle. O'Leary scheine vielmehr die romantische Idee zu verteidigen, dass authentische Emotionen ausgedrückt werden müssen, ohne Rücksicht auf Konsequenzen. Dasselbe gelte für all jene, die sagten, Blasphemie sei ein kathartischer Wert und sei eines der wenigen Mittel unterdrückter Liberaler. Diese Leute nannten es denn auch feige, dass die Zeitung sich schliesslich für die durch die Publikation verursachten Verletzungen entschuldigt habe. Es sei die Aufgabe eines Liberalen, ein guter Kämpfer zu sein, weniger selber zu reflektieren oder andere dazu aufzurufen. Dazu zählt Gustavsson auch die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali, deren Äusserungen manchmal als liberaler Fundamentalismus bezeichnet würden, die aber durchaus eben auch Züge des romantischen Liberalismus aufwiesen.

Aus der Perspektive der Autonomie und des aufklärerischen Liberalismus müsse aber der Verzicht auf eine Handlung nicht notwendigerweise falsch sein. Es dürfe allerdings nicht ein Akt der Unterwerfung sein, sondern eine Haltung der Autonomie, die darin bestehe, seine Überzeugungen zu haben, ohne sie notwendigerweise anderen gegenüber zu äussern.

Gustavsson schlägt deshalb vor, neben den traditionellen Begriffen des Reformliberalismus, der Vielfalt und Toleranz propagiere, und des aufklärerischen Liberalismus, der Vernunft, Reflexion und Rationalität betone, auch jenen des romantischen Liberalismus zu beachten, der mit seiner Betonung des authentischen Selbstausdrucks die liberalen Bewegungen in Europa besser beschreibe und Kategorien einführe, die auch etwa im Diskurs über Kopftuchverbote und Immigrationstests fruchtbar gemacht werden könnten.

Reta Caspar (Quelle: news.ch)

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