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Harmonisch vereint auf einem Bild: «Deutscher Autoritarismus: Von Bismarck bis Schäuble»

 
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Mittwoch, 12. August 2015 / 10:48:44

Der eiserne Finanzminister

1895 feierten «Die Deutschen» den 80. Geburtstag des «Eisernen Kanzlers», der drei Jahre später starb. Zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges segnen deutsche Gottesdienste Waffen mit: «Bismarcks Erwachen». 100 Jahre später klingt alles wieder ähnlich, ausser dass Otto durch Wolfgang und der Bismarck mit Schäuble ersetzt wurde.

Heinrich Manns «Der Untertan» beschrieb die Wirkung Bismarcks als «neuen Typus, der in Härte und Unterdrückung den Sinn des Lebens selbst sieht. Der sich übt eisern zu scheinen, weil in seiner Vorstellung Bismarck es war!» Manns Parodie auf die unterwürfige Autoritätsgläubigkeit deutscher Männer trifft den Kern der gegenwärtigen Politik, wenn es um Schäuble und Varoufakis geht. Heribert Prantl erzählt in seinem Porträt «Deutsche Sphinx» von der Kälte, der Eisblütigkeit, der deutschnationaltümmelei Schäubles, die alle hinter der medialen Ideologie der schwäbischen Hausfrau (so Schäuble selber über seine Finanzpolitik) im Rollstuhl vergessen gegangen waren.

Schäuble ist kein Einzelfall in der deutschen Geschichte. So lohnt es, Politarchäologie zu betreiben. Denn die Ähnlichkeiten von damals mit heute befremden und sollten medial zum Thema werden.

Deutschland galt seit Bismarck als «verspätete Nation», da dem Land in Europas Mitte die Zivilgesellschaft und vor allem auch zivile Medien bei der Reichseinigung von oben fehlten. 1921 schrieb der liberale Jurist Hermann Kantorowicz (dessen Professur von den Nationalsozialisten 1933 mit sofortiger Wirkung beendet wurde): «Die Konsolidierung der Demokratie in Deutschland kann nur auf den Trümmern des Bismarckkultes gelingen.» Kurz nach der Machtübernahme durch die NSDAP, hielt Dr. Goebbels die Gedenkrede für Bismarck - eine Rede, die einige deutsche Politiker und Medien 2015 eins zu eins übernehmen würden, wüssten sie nicht, woher sie stammt. Auch die DDR huldigte Bismarcks Aussenpolitik als «Grundelemente unserer eigenen Aussenpolitik» (Zitat SED-Chef Walter Ulbricht im Jahr 1965). In der BRD taugte zunächst Bismarck als von den Nationalsozialisten verehrter Mythos nicht mehr so richtig zum Helden. Historisch unbestritten war, dass der eiserne Kanzler militaristische Traditionen und einen Führerkult begründet hatte, die direkt ins Dritte Reich mündeten. Noch 2011 titelte Deutschlandradio Kultur zur politischen Werdung Deutschlands: «Scharnier zwischen Bismarck und Hitler.»

2015 sieht alles anders aus. Zu seinem 200. Geburtstag wird Bismarck in den deutschen Medien als Stifter des Nationalstaates, als Vorbild, als grosser Aussenpolitiker gelobt. Sogar eine eigene Briefmarke erhält der Namensgeber des Herings. Alle Politiker über 70 ehren den Eisernen Kanzler unkritisch: Von Gauck über Schröder hin zu Schäuble. Wer den Finanzminister 2015 erlebt hat, wer seine Politik analysiert, wer die Medienberichte studiert, wer die Wirkung von Schäubles Tun in Europa erfasst, realisiert mit einem Schlag die Dimension einer deutschen Geschichte, die in 100 Jahren vielleicht mit einem Band: «Deutscher Autoritarismus: Von Bismarck bis Schäuble» zusammengefasst werden kann.

Der Angstmach-Minister Schäuble, der Deutschnationale, der die «Bundeswehr als Notpolizei bei der Gefährdung der inneren Sicherheit einsetzen wollte», der Kampagnenführer gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, der BILD-MINISTER einer «Werft Sie raus»-Politik in der Griechenlandfrage als Warnung gegen alle demokratischen Bürger Europas. Ja, genau der Dr. Schäuble hat es geschafft, den deutschen Ungeist wieder zum Leben zu erwecken.

Dieser Geist besteht nicht in der platten eugenischen Rassentheorie der Nationalsozialisten. Dieser Geist besteht nicht in der primitiven deutschlandkultischen Abwehr alles Fremden. Dieser Geist besteht nicht in der gesellschaftlichen Splittergruppe der Neonazis. Nein. Dieser Geist sitzt in der Mitte der deutschen Gesellschaft und nennt sich «haushälterisch, vernünftig, ganz einer schwäbischen Hausfrau entsprechend.» Dieser Geist ist vor allem auch medial konstruiert und das erschreckt. Sollte übrigens auch alle umliegenden Länder erschrecken.

Wolfgang Schäuble hat es geschafft, seine kaltblütigen, eiskalten und neoliberalen Disziplinierungsmassnahmen für die europäische Privatisierungsdiktatur als «Sparpolitik» zu tarnen. Er hat sich, wie ehemals Bismarck als Held des Zusammenhaltes inszeniert. Er hat die Medien instrumentalisiert und sie haben ihm unisono hofiert. Er hat wie Bismarck nicht nur die Unterwerfung anderer Völker vorangetrieben, sondern damit allen anderen Ländern einen Warnhinweis verpasst. Wer in Europa künftig Demokratie wagt, wird via Berlin ausgehungert. «Plus ça change», würden die Franzosen sagen.

«Demokratie ist im Grunde die Anerkennung, dass wir, sozial genommen, alle füreinander verantwortlich sind.» (Heinrich Mann) Der eiserne Finanzminister hat dem Gegenteil sein Gesicht gegeben.

PS.: Hier noch zwei Zitate zum Thema:

«Die Konsequenz, mit der Dr. Schäuble für eine politische Union eintritt, die den Grundprinzipien einer demokratischen Föderation widerspricht, ist beeindruckend.» Yanis Varoufakis in der Zeit vom 16. Juli 2015.

«Wenn Sie wirklich deprimiert werden wollen, was Europas Zukunft angeht, lesen Sie den Namensartikel von Wolfgang Schäuble in der New York Times.» Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman in der NYTimes, 17. April 2015.

Regula Stämpfli (Quelle: news.ch)

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  • Prantls Portrait zu Schäuble
    Das Portrait des eisernen Finanzministers in der Süddeutschen Zeitung
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