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Bern. Von aussen hinschauen. Und erschauern.

 
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Mittwoch, 25. März 2015 / 14:32:53

Städte, die nach Gefängnis riechen

«Bücherwurm und Schulmeister kann ich in Bern ganz gut werden, Künstler aber in Gottesnamen nicht» vertraute Paul Klee seinem Tagebuch an. Würde der Zauberhafte 2015 einen Blog schreiben, müsste er den Bücherwurm und den Schulmeister auch streichen. In Bern kann man nichts mehr werden, wenn man auch nur noch ein Körnchen Freiheitsgeist in seinem Leibe verspürt.

Gestern demonstrierten über 500 Jugendliche und einige Lehrkräfte gegen die unglaublichen Sparmassnahmen des Kantons Bern. Eines Kantons notabene, deren Regierungsräte letztes Jahr Schlagzeilen machten, weil sie ihr fürstliches Jahressalär, das zwischen 200- und 300 000 Franken beträgt, locker mit Ämtern ex officio um weitere 70-90 000 Franken aufstockten. Die Zahlen variieren, denn so genau weiss man dies ja in Bern nie. Deshalb wird mir sicher wieder irgendeine bernische Staatsangestellte oder Presseverantwortliche ein böses Mail schreiben, was ich mir denn einbilden würde, es zu wagen, zu Bern, über dessen Verwaltung, oder gar Regierung zu schreiben! In solchen Anrufen oder Mails lassen mich die Berner auch gerne wissen, dass es besser sei, ich würde nicht mehr in ihrer Stadt wohnen, denn ohalätz, ich bekäme dann sofort Probleme. Wir schreiben immer noch 2015 übrigens. Nicht 1915.

Bern ist nur solange gemütlich, als dass man alle kennt und sich wie in der Familie gemäss seiner Position duckt. Wehe, man ist auffällig! Oder findet gewisse Dinge nicht in Ordnung! Uiui, das passt den Bernern gar nicht. In Bern bleiben die Leichen jahrhundertelang im Keller. Aussenseiter müssen sich Bern wie den Film «Festen» von Thomas Winterberg vorstellen. Die Fassade ist alles. Deshalb wurde auch der Berner Regierungsrat in corpore und gut wiedergewählt, obwohl die Geldaffäre einzelner Mitglieder das Land ausserhalb von Bern doch beschäftigt hat. Filz? Äuä. Verluderung von Millionen von Steuergeldern für nationale Projekte in Bern? Wird nicht untersucht. Polizeieinsätze gegen Minderjährige mit anschliessender DNA-Probe? Die Justiz rügt, politisch passiert nichts. Denn, wo kämen wir denn hin, wenn Obrigkeit nicht oben bliebe?

Angesichts solcher bernischen Normalfälle ist es dann auch völlig «normal», dass der Rektor des Gymnasiums Neufeld, Rolf Maurer, der sich in seiner Studienzeit gerne unter die politisch engagierten und progressiven Studierenden mischte, die Lehrkräfte, die es «wagten», gestern ihre bürgerlichen und politischen Rechte wahrzunehmen, via Medien zu drohen. Das Gymnasium Neufeld will den Demo-Schülerinnen und Schülern unentschuldigte Absenzen ins Zeugnis schreiben und mit den zwei(!)(alle anderen haben sich ans Obrigkeitsdiktum des Demonstrationsverbots gehalten) Lehrern «Gespräche» führen.

Es gibt in Verwaltung und Politik in Bern mittlerweile ein politisches Klima, das niemanden mehr frei atmen lässt. Deshalb behalten die für echt unglaubliche Vorgänge verantwortlichen Chefs und Chefinnen in Bern ihre Posten immer bis zur Rente (oder sie werden fürstlich wegbefördert).

Stellen Sie sich diesen Kanton mit seinen politisch Verantwortlichen, die allesamt während ihrer Studienzeit von der linken, sozialen, kreativen Atmosphäre der 1980er Jahre profitieren konnten, die als in den 1960ern und 1970er Jahren geborene Wohlstandskinder den Aufbruch zur Chancengleichheit voll geniessen konnten und die jetzt die Jugend von heute in Zustände der 1930er Jahre zurücksparen wollen? Wie unfassbar zynisch ist dies eigentlich und weshalb schämen sich die Leute nicht, in den Spiegel zu schauen?

Rektor Rolf Maurer hätte, statt den Lehrern und Schülern zu drohen, die Demo selber organisieren sollen. Denn dass der Kanton Bern ausgerechnet an der Bildung spart und sei es nur die Streichung des Altgriechischen, in dessen Genuss Paul Klee übrigens auch kam und ein Fach, das den Weltbestseller «Nachtzug nach Lissabon» überhaupt erst ermöglichte, ist dermassen peinlich, kleinlich, dreckig, revanchistisch und schlicht primitiv, dass es einem den Atem nimmt. Vor allem weil in diesen Sparprozess Menschen involviert sind, die damals nicht nur ganz anders geredet haben, sondern die ohne die staatliche Unterstützung damals inklusive grosszügigem Bildungsangebot es heute nicht mal zum Strassenputzer geschafft hätten. Igitt.

«Es gibt Städte, in denen es nach Sauerkraut riecht. Dagegen hilft kein Barock» schrieb Joseph Roth über das polnische Lemberg. Es gibt Städte, in denen es Gefängnis riecht. Dagegen hilft nicht mal der schönste Dialekt. Bern. Es lohnt sich, von aussen hinzuschauen. Und zu erschauern.

Regula Stämpfli (Quelle: news.ch)

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