Dienstag, 9. Juli 2013 / 11:02:19
Arrivederci schlechte Laune!
Volles Rohr? Kommt vor. Respektive der
Asphalt vor besagtem Rohr, nämlich dem
Gotthardtunnel. An dessen Nordportal
stauen sich die Blechkarossen, wenn wieder
einmal alle zusammen gegen Süden
flüchten - ins Tessin, die Sonnenstube des
Landes. In der allerdings einiges mehr
aufgetischt wird als «nur» schönes Wetter.
Göschenen, Gotthard Nord, Autobahn A2: Nieselregen,
kalt, hässlich, grau in grau und eine Nebelsuppe, dass
man kaum die Stossstange des Vordermannes erkennt.
16,9 Kilometer später, Airolo, Gotthard Süd: Strahlender
Sonnenschein, trockene Piste die ganze Leventina
herunter. Spätestens wenn ungefähr auf Höhe von Bellinzona
die ersten Palmen zwischen den Rustico-Häuschen
und den imposanten Schlössern aus dem Mittelalter
herausragen, kommt ein wenig Feriengefühl auf.
Und wenn man - am Lago Maggiore angekommen und
mit einer knäckebrotknusprigen Pizza Margerita auf
dem Teller - nicht ans Ufer sehen würde, man fühlte
sich wie in einem italienischen Hafenstädtchen. Okay,
zumindest bis der Kellner die Rechnung bringt.
Wie auch immer: Nördlich des Gotthards stauen sich
nicht nur das schlechte Wetter und die schlechte Laune,
sondern eben auch die Blechlawinen jener, denen nach
UV-Licht dürstet. Gern einmal über mehrere Kilometer.
Dass man die Im-Schritttempo-vorwärts-Folter dennoch
auf sich nimmt, ist entweder ein Zeichen für kollektiven
Masochismus in der Deutschschweiz - oder Beweis
dafür, dass ein paar Tage im Tessin selbst die
stundenlange Plagerei wert sind. Wir tippen einmal auf
das zweite... Nur schon wegen dem statistischen Mehrwert:
Der Gipfel des Monte Brè bei Lugano bringt es im
Jahr auf etwas über 2400 Sonnenstunden. Zürich schafft
gerade einmal knappe 1500...
Nicht mess- aber definitiv spürbar ist das Dolce-far-niente-
Ambiente, das die Tessiner wohl den Italienern
abgeschaut haben. Die malerischen Städtchen an den
Seen schalten während der Sommermonate irgendwie
auf permanenten Urlaubsmodus um: Shopping, Espresso
nippen, Pedalo fahren, unter freiem sternenklarem
Himmel auf der malerischen Piazza Grande zu
Locarno rumknutschen, während auf der Leinwand des Internationalen Filmfestivals die Anwärter auf den Goldenen
Leoparden gezeigt werden - oder am selben Ort
ein paar Wochen später die Rock- und Pop-Legenden
ihre Gassenhauer übers Kopfsteinpflaster schmettern.
Von diesen Städtchen an den Seen jedoch, wie mit einer
Axt in die sattgrünen Hügel der südlichen Voralpen geschlagen,
führen Schluchten und Täler weg von der
Zivilisation. Auf dem Kurs das Verzascatal hinauf funktioniert
das Postauto wie eine Zeitmaschine, im Bauerndorf
Sonogno, am oberen Ende des Tobels, scheint die
Uhr des Kirchenturms still zu stehen, seit sich Lisa Tetzner
und Kurt Kläber hier zu ihrem Tatsachen-Roman
über «Die schwarzen Brüder» inspirieren liessen. Und
der spielt immerhin in der Mitte des 19. Jahrhunderts...
Kirchen gäbe es übrigens auch in Lugano einige zu besichtigen,
etwa die Kathedrale San Lorenzo. Nur in einem
etwas urbaneren Umfeld. Was den Vorteil mit
sich bringt, dass um diese Kirchen eben nicht lauschige
Grottinos Risotto auftischen, sondern Spitzengastronomen
mediterrane Gerichte und damit gleich das entsprechende
Lebensgefühl servieren. Beides hat seine
Vorzüge - wie eben das Tessin ganz allgemein. Und
wenn sich der Verkehrsstau am Sonntagabend ans Südportal
der Gotthardröhre verlagert hat - bleiben Sie
doch einfach etwas länger!
Locarno
Eher finden Sie eine nicht geliftete Hautfalte im
Gesicht von Silvio Berlusconi als spontan ein Dach
über dem Kopf in Locarno während der Ferienzeit.
Besser also, Sie reservieren Wochen im Voraus.
Und spätestens, wenn Sie dann ankommen, wissen
Sie auch, warum die gemütlichen Herbergen in den
Altstadtgässchen durchgehend das «Completo»-Schild raushängen
müssen: Locarno ist ein Synonym für All-Inclusive-Sommerfeeling: coole
Badeanstalten, eine mit Gelaterias gespickte Shoppingmeile,
ein Musik- und ein Kinofestival, Verzasca- und Maggiatal vor der Tür, genauso wie Ascona mit seinen erstklassigen Restaurants und
Cafés. Ach, und eben, wenn Sie den Koffer packen:
Sonnenbrille nicht vergessen!
asu (Quelle: sommerguide.ch)
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