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Fader Nicht-Mann in Machtposition? Roger Köppel, Weltwoche-Chefredaktor und Verleger.

 
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Mittwoch, 11. Januar 2012 / 10:48:24

Verkloppen hätte man die müssen

Der Kampf um die Nationalbank ist ein Kampf um ökonomische Wahrheiten. Dumm daran ist nur, dass die Wirtschaftswissenschaften für Fakten in etwa so empfänglich sind wie Opus Dei für Frauengleichstellung.

Bei der Absetzung des Nationalbankpräsidenten durch die Rechtspopulisten ging es im wesentlichen um den Kampf der menschenverachtenden Monetaristen gegen die klassisch liberalen, um Realwirtschaft bemühten Volkswirtschaftler. Dass die Monetaristen, welche 2008 die Kernschmelze unserer globalen Ökonomien verursacht haben, nicht nur weitermachen wie bisher, sondern die Inquisition auch auf die ehemaligen Verbündeten erstrecken, macht ungewöhnliche Erklärungen notwendig.

Noch heute könnte ich mich ohrfeigen. Dafür, dass wir die pickelgesichtigen Wirtschaftswissenschaftler, die bei Schopenhauer zuerst an einen Bierhumpen dachten, nicht ernst genommen haben. Verkloppen hätte man die müssen, diese Druckser, Nicht-Denker, Karrieristen, die sich gegen ihre grossen ideologischen 68er Brüder und Schwestern nur mit dem Ruf nach Geld und Prostitution wehren wollten. Fassungslos sieht meine Generation der 40er plus, wie ausgerechnet diese faden Nicht-Männer Machtpositionen errungen haben. Zwar amtierten auch vor dem Globalisierungsschub 1999 schon einige Weicheier als Chefs, Professoren, Vorstände, Aufsichtsräte, hohe Ministerialbeamte und Militärs. Doch seit der Einführung von Bologna 1999 werden in den Wirtschafts-, Politik- und Geschichtswissenschaften, leider auch in Philosophie und Juristerei, Weicheier sogar europäisch zertifiziert.

Seit 1999 berufen Bürokraten mit Vorliebe Kastraten. Wenn sie einmal hochkommen, verleihen sie den Hohlköpfen Nobelpreise für eine Finanzwissenschaft, die auf mathematischem Nichts basiert.

Deshalb:

Die damaligen und heutigen 30 Prozent der klugen Menschen, die in den 1980ern die starren ideologischen Debatten der 68er aufgebrochen haben, müssen sich ständig selber ohrfeigen. Immer wieder. Dafür, dass sie über diese mickrigen Kleingeister mit ihren lächerlichen, schlagenden Verbindungen und über die neopatriarchalen Masturbationsakrobaten nur gelacht haben. Dafür, dass sie einige dieser Kerle aus Mitleid sogar in der eigenen Wohngemeinschaft haben mitessen lassen, immer in der aufklärerischen Haltung, dass der Mensch im Kern doch eigentlich gut sei. Dabei weiss man doch, dass aus Mitessern mit der Zeit hässliche Pickel werden.

Genau die Typen tummeln sich aber nun mit ihren Freunden dreist und unbekümmert im IWF, im schweizerischen Nationalfonds, in den Expertenkommissionen und in einigen Chefetagen der Medien. Diese unfertigen Menschen, die Peter Pan so verstehen, dass sie nicht nur Kinder bleiben, sondern die Verantwortung immer und allesamt einer Herrschaft des Niemands übergeben dürfen, drücken uns weiter und weiter und weiter.

Eben. Verkloppen hätte man sie sollen. Wieder und wieder. Damit ihnen klar geworden wäre, wie schäbig sie sind. Wie dreckig. Wie unendlich beschämend für das schöne Menschengeschlecht. Hätte das etwas genützt? Wahrscheinlich nicht. Doch so können wir nur uns selber ohrfeigen. Weil wir die Zeichen der Zeit in unendlicher Naivität und in Verkennung der wirklichen menschenfeindlichen Macht übersehen haben. Aber vielleicht ist diese Macht gerade deswegen so perfide, weil sie sich hinter rationalen Mechanismen als Normalität tarnt.

Wahrheit wird zur Lüge, Lüge wird zum Paradigma erklärt. Angesichts des grassierenden Zynismus, der überall als Realität verkauft wird, schaue ich zurück. Und ja: Wir haben die Chance verpasst. Wir Gutmenschen, die uns selber verwirklichten, tolle Kinder aufzogen, und uns in immer spannenderen Projekten, Büchern, Kunst und Diskursen verloren, waren blind. Denn die Anderen, die Kleingeister haben uns mittlerweile die Möglichkeit genommen, Grosses auch nur zu denken. Wir haben uns potemkinsche Dörfer einer schönen neuen Welt gebaut. Wir haben hingenommen, das richtig und falsch nicht mehr sinnlich und direkt ausgelebt, sondern nur noch innerhalb eines Rechts- und Technokratiekomplexes anonymisiert ausgehandelt werden. Damit sind wichtige Entscheide jeder persönlichen Verantwortung beraubt.

Eben. Wir hätten sie alle mehr verkloppen sollen. Das hätte nicht der Aufklärung und dem Pazifismus entsprochen, doch unsere Gegenwart vielleicht erleichtert.

Regula Stämpfli (Quelle: news.ch)

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