Dienstag, 30. August 2011 / 09:16:31
«Die sichere Schweiz ist ein Mythos»
Bern - Das Niveau der Kriminalität in der Schweiz hat sich weitgehend den Verhältnissen im übrigen Europa angeglichen. Zu diesem Schluss kommt die neue schweizerische Opferbefragung. Einbrüche, Gewalt und Drohungen sind demnach in der Schweiz seit 2004 gestiegen.
«Die Schweiz muss sich verabschieden vom Mythos, sie sei das sicherste Land der Welt», sagte Kriminologe Martin Killias am Dienstag vor den Medien in Bern. Bei Gewalt- und Drohdelikten sowie den Einbrüchen habe die Schweiz in den vergangenen fünf Jahren den europäischen Durchschnitt erreicht.
Im Auftrag der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS) haben Killias und das Kriminologische Institut der Universität Zürich rund 2000 zufällig ausgewählte Personen befragt. Diese kommen nach eigenen Angaben immer häufiger mit Kriminalität in Berührung.
Die Delikte fanden vor allem auf der Strasse und nicht im häuslichen Bereich statt, wie Killias ausführte. In den vergangenen fünf Jahren seien 10 Prozent der Befragten von Gewalt oder Drohungen betroffen gewesen.
Bei der Opferbefragung 2004 hatten noch 7,2 Prozent über eine solche Erfahrung in den letzten fünf Jahren berichtet. Die Delikte seien gegenüber früheren Jahren tendenziell auch schwerer ausgefallen und beträfen vor allem Leute bis 26 Jahre.
Folge des Ausgangsverhaltens
Diese Entwicklung sei eine logische Folge des heutigen Ausgangsverhaltens, sagte Killias. Immer mehr junge Leute strömten an den Wochenenden in die Städte.
«Wenn hunderte Jugendliche den Samstagabend mit einer unbeschränkten Menge Alkohol am Zürcher Hauptbahnhof verbringen, wäre es ein soziologisches Wunder, wenn dort keine Gewalt passieren würde», sagte der Forscher. Mit dem oft zitierten Wertezerfall habe die Deliktzunahme weniger zu tun, zeigte sich Killias überzeugt.
Nachtschwärmer leben gefährlich
Eine Studie der Suva bestätigt den von der Polizeidirektorenkonferenz festgestellten Trend: Die Gewalt im öffentlichen Raum hat in der Schweiz stark zugenommen. Die Suva stützt sich bei ihrer Studie auf die Erwerbstätigen, die obligatorisch gegen Unfälle versichert sind.
Sie stellte fest, dass die Zahl gewaltbedingter Verletzungen in der Freizeit von 1995 bis 2009 stark zugenommen hat. Bei den 15 bis 24 Jahre alten Männern betrug das Wachstum 300 Prozent, bei den gleichaltrigen Frauen immerhin noch 118 Prozent. Die Suva spricht von einem «alarmierend hohen Niveau». Anzeichen für eine Trendwende gebe es keine.
fkl (Quelle: sda)
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