Sonntag, 31. Juli 2011 / 21:09:53
Politiker appellieren an das Gemeinschaftsgefühl der Schweizer
Hinwil ZH/Wildhaus SG - Führende Politiker und Politikerinnen haben sich bereits vor dem eigentlichen Nationalfeiertag an die Rednerpulte gedrängt. Zwölf Wochen vor den Eidgenössischen Wahlen hielten mehrere Rednerinnen und Redner in ihren 1.-August-Ansprachen die Idee der Konkordanz hoch.
Bundesrat Johann Schneider-Ammann appellierte am Sonntag in seiner Heimatstadt Langenthal BE an das Gemeinschaftsgefühl der Bürger. Um den gegenwärtig schwierigen Zeiten zu begegnen, müssten alle am gleichen Strick ziehen - ungeachtet der politischen Ansichten.
Mit Blick auf die Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates sagte Schneider-Ammann, er wolle seine Aufgabe weiterführen. Allerdings ohne mit «populistischen oder gar gefährlichen Entscheiden gefallen zu wollen».
Appell zum Aufwachen
CVP-Präsident Christophe Darbellay appellierte am Sonntag in Conthey VS an den Bundesrat, "aufzuwachen" und die Probleme wahrzunehmen, unter denen manche Branchen, darunter der Tourismus, litten. Für fast 500 Schweizer Hotels bestehe wegen der aktuellen Stärke des Schweizer Frankens das Risiko einer Schliessung.
BDP-Präsident Hans Grunder sagte am Sonntag in seiner Rede in Herzogenbuchsee BE, die Vergangenheit lehre, dass die Schweiz dann erfolgreich sei, wenn sie das Gemeinsame suche, statt das Trennende zu betonen.
Kritik an «Brandstiftern»
Es gelte, an die Kraft der konstruktiven Politik zu glauben. «Wo ist die selbstbewusste, optimistische und freundliche Schweiz geblieben?», fragte Grunder. Den «Brandstiftern», welche das Erfolgsmodell Schweiz mit gezielten Angriffen entwerteten und Verunsicherung streuten, bleibe nur der konsequente Gang in die Opposition.
Grunder stellte einen Bezug zum Attentat in Norwegen her. «Es ist naiv zu glauben, dass Gewaltrhetorik nicht in Gewalt umschlagen kann», sagte der BDP-Chef.
In ihren Ansprachen griffen die Politiker ausserdem das Verhältnis zwischen der Schweiz und der Europäischen Union sowie die Ausländerthematik auf.
Der erfolgreiche bilaterale Weg müsse «hart und höflich, kämpferisch und klug» weitergegangen werden, sagte FDP-Parteipräsident Fulvio Pelli in Wangs-Pizol SG. Die Schweiz sei ein schönes und sicheres Land. Damit dies so bleibe, müssten bestehende Gesetze im Asylwesen konsequenter angewendet werden.
Gegen Miesmacherei
BDP-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf übte am Sonntag in Hinwil ZH Kritik an der Einstellung, dass Andersdenkende als «unschweizerisch» gelten würden. «Diese Haltung darf man nicht akzeptieren.» Statt Einzelne an den Pranger zu stellen, müsse man sich um Kompromisse bemühen.
In den letzten Jahren habe die Politik der schrillen Töne und der harten Linie immer mehr Freunde gefunden, sagte die Finanzministerin. Der Tritt ans Schienbein gehöre heute ebenso zum Alltag wie das wahltaktische Torpedieren von Lösungen. Für Widmer-Schlumpf eine Philosophie, die «nicht zur Schweiz passt».
Für ihre Kritik an den «Miesmachern» erntete Widmer-Schlumpf spontanen Applaus. Die Bundesrätin hielt ihre Ansprache vor den Bewohnern des Alters- und Pflegeheims in Hinwil, also in der Heimatgemeinde von SVP-Bundesrat Ueli Maurer.
Am (morgigen) 1. August stellt sich die Bundesrätin zwei weitere Male hinters Rednerpult: Am Morgen nur wenige Kilometer entfernt von Hinwil in Greifensee ZH und am Abend in Bern.
Maurer: Nein sagen ist nötig
In seiner Ansprache zum Nationalfeiertag riet Bundesrat Ueli Maurer den Schweizerinnen und Schweizern, auch einmal «Nein» zu sagen. Nur so könnten politische und wirtschaftliche Fehlentwicklungen vermieden werden.
Der Vorsteher des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) trat am Sonntagnachmittag vor 350 Personen auf einem Bergbauernhof in Wildhaus SG ans Rednerpult. Er spricht zudem am Sonntagabend in Rorschach SG und am 1. August in Trub BE, Bauma ZH, Niederglatt ZH und Bubikon ZH.
Maurer ging auf positive Aspekte der Schweiz ein. Als solche nannte er Wohlstand, Freiheit, Sicherheit und Unabhängigkeit. Diese hohe Lebensqualität sei nicht glücklichen Zufällen, sondern einer Bevölkerung zu verdanken, die leistungsbereit sei und als oberste politische Instanz ihre Verantwortung wahrnehme.
Abhängigkeit verringern
Dabei müsse man allfällige Risiken und Gefahren sehen. Laut Maurer könnte die steigende Weltbevölkerung Konflikte beispielsweise wegen Nahrung und Energie auslösen. Deshalb sei es wichtig, die eigene Produktion von Nahrungsmitteln und Energie zu stärken, um nicht vom Ausland abhängig und damit erpressbar zu sein.
«Eine wichtige Bürger-Eigenschaft ist das Nein-Sagen», fuhr Maurer fort. Nur damit könnten eigene Interessen vertreten oder bessere Lösungen gefunden werden. «Nachgeben provoziert nur immer neue, noch weitergehende Forderungen», mahnte er mit Blick auf die zunehmenden, von «Muskelspielen» begleiteten Ansprüche von EU und USA.
fest (Quelle: sda)
Artikel per E-Mail versenden
Druckversion anzeigen
Newsfeed abonnieren
In Verbindung stehende Artikel:
Schweizer beschäftigen sich verstärkt mit eigenem Wohlbefinden
Donnerstag, 28. Juni 2012 / 17:14:41