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Reform-Übervater Deng Xiaoping: Auch heute noch Ikone in China

 
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Dienstag, 28. Juni 2011 / 10:22:00

Euphorie mit Fragezeichen

Das Brutto-Inlandprodukt Chinas ist in den letzten drei Jahrzehnten seit Beginn der Wirtschaftsreform um jährlich satte zehn Prozent gewachsen. 1999 noch auf Rang 9 der grössten Volkswirtschaften der Welt hat sich China zunächst 2007 an Deutschland auf Rang 3 und 2009 an Japan vorbei auf Platz zwei geschoben. Hinter den USA.

Wann, fragen sich viele Ökonomen und Politiker, wird China die Vereinigten Staaten überflügeln? Und: Wird China die neue Supermacht und das 21. Jahrhundert das Chinesische?

Noch in den 80er- und zu Beginn der 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts interessierten sich vornehmlich Sinologen und Journalisten für das wirtschaftliche Schicksal Chinas. Gewiss, am Rande nahm man selbst in den Wirtschaftsspalten der westlichen Presse die ökonomischen Fortschritte wahr, doch die überkommene Welt(wirtschafts)ordnung war damals selbst für sogenannten China-Experten nicht in Gefahr. Nur wenige nahmen mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion am Ende des Kalten Krieges zur Kenntnis, was schon damals sich deutlich abzuzeichnen begann, nämlich, dass sich das politische und wirtschaftliche Schwergewicht der Welt langsam vom atlantischen in den pazifischen Raum bis hin zum Indischen Ozean verschob.

Das erste Jahrzehnt der chinesischen Wirtschaftsreform glänzte mit jährlichen Wachstumsraten von rund zehn Prozent. Das Pro-Kopf-Einkommen verdoppelte sich. Reformübervater und Visionär Deng Xiaoping liess inmitten einer überhitzten Wirtschaft mit zweistelligen Inflationsraten den Studentenprotest auf dem Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens Tiananmen 1989 niederkartätschen. Zur «Abwehr des Chaos» und «Aufrechterhaltung der Stabilität», wie Deng begründete, denn ohne Stabilität sei kein Wirtschaftswachstum und mithin kein Wohlstand für die Chinesinnen und Chinesen zu haben. Gegen den Widerstand in den eigenen, konservativen Reihen entfachte Deng, damals schon fast neunzig Jahre alt, mit seiner Südreise 1992 nach altem kaiserlichen Muster dann noch einmal überbordenden Reformeifer. Das Wachstum entwickelte sich rasant, das Reich der Mitte zog magnetisch Auslandsinvestitionen an. Resultat: In gut dreissig Jahren hat sich das Pro-Kopf-Einkommen mehr als verzwanzigfacht. Der Rest ist Wirtschaftsgeschichte.

Die aktuelle Diskussion in Kreisen chinesischer Ökonomen und von Partei und Regierung kreist derzeit um eher handfeste Fragen. Den für China so wichtigen Schweinepreis zum Beispiel. Mit Nervosität verfolgt die Regierung den Konsumentenpreisindex, der mittlerweile per Juni auf gut sechs Prozent im Jahresvergleich gestiegen ist. Bei Lebensmitteln sind es über zehn, bei Schweinefleisch gar über fünfzehn Prozent.

Inflation, so die Befürchtung der geschichtsbewussten Kader, löst soziale Unruhen und Chaos aus. Das BIP-Wachstum ist im ersten Halbjahr leicht zurückgegangen, bewegt sich aber mit über acht Prozent immer noch im «roten» Bereich. Rot natürlich nicht ideologisch gemeint, sondern im «gefährlichen» Bereich, denn Ökonomen wie Mandarine wollen eine «weiche Landung» der Volkswirtschaft erreichen, unterstützt von einer vorsichtigen Währungs-, Geld- und Fiskalpolitik. Premier Wen Jiaobao hält eine harte Landung für praktisch ausgeschlossen. Als wirtschaftlich ebenso wie politisch stabilisierender Faktor wird von chinesischen Wirtschaftswissenschaftern die schnell wachsende Mittelklasse eingestuft. Gehörten noch zu Beginn des Jahrhunderts nicht einmal hundert Millionen mit einem Einkommen von umgerechnet über 8'000 Franken pro Jahr dazu, sind es heute bereits fast dreihundert Millionen.

Die Prognosen sind deshalb in China durchaus positiv. Im Ausland hingegen sind die Vorhersagen, wider besseres ökonomisches Wissen, sogar meist euphorisch. So wird Chinas Brutto-Inlandprodukt (BIP) jenes der USA wahlweise 2027 (Investment Bank Goldman Sachs), 2020 (Int. Grossbank Standard Chartered), 2019 (The Economist) oder gar schon 2016 (Internationaler Währungsfonds IWF) überholen. Doch darauf, so chinesische Ökonomen dezidiert, komme es gar nicht an. Viel wichtiger sei das BIP pro Kopf der Bevölkerung. Um da mit Amerika, Japan oder Europa gleichzuziehen, brauche es noch Jahrzehnte. Wenn überhaupt. Die Pekinger Zentralregierung weist deshalb zu Recht immer wieder darauf hin, dass China trotz grossem wirtschaftlichen Erfolg der letzten dreissig Reformjahre noch immer ein Entwicklungsland ist.

Prognosen, selbst in Form von Szenarien und Trends, sind meist wenig aussagekräftig. Unvorhergesehenes, vor allem «Unfälle» der Geschichte, stellt komplexe Systeme - wie eben Volkswirtschaften - stets wieder auf den Kopf. Bleibt sich hingegen vom heutigen Standpunkt aus alles gleich, wird die Dynamik der chinesischen Volkswirtschaft gewiss in absehbarer Zukunft für einige Zeit andauern. Wie lange und in welcher Intensität hängt massgeblich davon ab, wie das Reich der Mitte für sich - der Grösse wegen aber auch für die Welt - ein ganzes Bündel von Schwierigkeiten lösen wird. Dazu gehören, wie anderswo, vornehmlich Umweltfragen, dann aber auch Korruption, Überalterung der Gesellschaft, vor allem aber die Einkommensverteilung. Die Kluft zwischen Arm und Reich, Stadt und Land wird immer grösser. Die Lösung der sozialen Frage ist deshalb entscheidend für das Schicksal Chinas in den kommenden Jahrzehnten.

Im Westen wird China meist isoliert betrachtet. Zu unrecht. Eine Reihe von Schwellenländern in Asien ergänzen und begleiten China auf Augenhöhe. Indien ist an erster Stelle zu nennen, dann aber auch Indonesien, Vietnam, Singapur oder Thailand. In Ostasien kommen reifere Volkswirtschaften wie Südkorea und Taiwan dazu, vom ökonomischen Schwergewicht Japan ganz zu schweigen. Auch in andern Kontinenten sind Schwellenländer wie Südafrika, Brasilien, Mexiko oder die Türkei ins politische Kalkül mit einzubeziehen.

Ob also unter all diesen Blickwinkeln betrachtet das 21. Jahrhundert ein Chinesisches Jahrhundert wird, bleibt deshalb weit offen. Nur eines ist sicher, es wird kein ausschliesslich von den USA dominiertes Jahrhundert mehr sein. Weder ökonomisch noch politisch. Bei einer günstigen Entwicklung der Weltwirtschaft und einem friedlichen politischen Verlauf in den nächsten Jahrzehnten ist mit einer multipolaren Welt zu rechnen, in der China, Indien, Brasilien ein gewichtiges Wort mitreden werden. Europa und die USA sind zwar nicht, wie viele schon voraussagen, «alte Geschichte», aber eben nicht mehr dominierend wie in den vergangenen zwei Jahrhunderten seit der Industriellen Revolution.

In diesem Zusammenhang wird es in den nächsten Jahrzehnten auch interessant sein, zu verfolgen, welche wirtschaftlichen und politischen Entwürfe sich durchsetzen werden. Welche Chancen hat politisch die Demokratie gegenüber autoritär effizienten Systemen? Und: wird sich ökonomisch der liberale Kapitalismus gegen den autoritären Staatskapitalismus Chinas durchsetzen? Fragen über Fragen. Sinologen und Journalisten sind von einer Myriade von China-Experten und Pundits abgelöst, beziehungsweise ergänzt worden. Ausgang und Antworten sind so offen wie zuvor.

Anmerkung der Redaktion: Peter Achten weilt zwei Wochen in den Ferien - das nächste 'Achtens Asien' gibt es am 19. Juli.

Peter Achten (Quelle: news.ch)

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