Dienstag, 1. März 2011 / 15:40:00
Militärische Hochburgen im arabischen Raum
Der Nahe und der Mittlere Osten sind die am höchsten militarisierten Regionen der Welt. Das zeigt der aktuelle globale Militarisierungsindex (GMI), den das Bonn International Center for Conversion (BICC) soeben präsentiert hat. «Die hohe Militarisierung der arabischen Länder trägt zur weiteren Instabilität der ohnehin konfliktreichen Region bei», so Projektleiter Jan Grebe im pressetext-Interview
Im Index belegt Israel den ersten Platz, gefolgt von Singapur, Syrien, Jordanien, Russland, Südkorea, Zypern, Griechenland, Kuwait und Weissrussland. Auf den Plätzen elf bis 20 befinden sich mit Libyen, Oman, Bahrain, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Irak und Algerien sieben weitere Länder aus der Region des Nahen und Mittleren Ostens. «Staaten mit hoher Militarisierung stecken verhältnismässig viele Ressourcen in den Militärsektor. Sie besitzen viele Waffen sowie eine grosse Armee, die zudem eine Schlüsselrolle in der Gesellschaft einnimmt», erklärt Grebe.
Hintergrund: Bedrohung und europäische Interessen
Hohe Militarisierung ist nicht gleichzusetzen mit Angriffslust, sondern geht meist auf das Empfinden einer Bedrohung zurück, erklärt der Experte. «In der innerarabischen Perspektive nimmt man meist die Gefahr wahr, die von Iran oder von Israel ausgeht. Doch auch Waffengeschäfte wie etwa die jährlichen Waffenlieferungen für 60 Mrd. Dollar der USA an Saudi-Arabien haben Folgen für die Nachbarstaaten.»
Ebenso sind auch die Interessen und Politik Europas an dieser Entwicklung massgeblich beteiligt, hat es sich doch stets durch Rüstungsexporte und den militärischen Aufbau von Verbündeten Vorposten gegenüber anderen Kräften geschaffen. «Deutschland, Frankreich, England liegen weltweit auf Platz drei, vier und fünf der Rüstungsexporteure und haben auch in den arabischen Raum erhebliche Mengen an Klein- und Grosswaffen geliefert», so Grebe.
Rüstungspolitik an ihren Grenzen
«Europa trägt durch seinen Beitrag an der Militarisierung der arabischen Welt Verantwortung», betont der Kasseler Friedensforscher Peter Strutynski gegenüber pressetext. In seiner Aussen-, Flüchtlings-, Asyl- und Entwicklungspolitik solle sich Europa öffnen und mehr Mittel in die wirtschaftliche Entwicklung des Nahen Ostens statt in dessen Militarisierung stecken. «Langfristig führt daran kein Weg vorbei», so Strutynski.
Auch Grebe sieht es als Pflicht der Rüstungs-Zuliefererstaaten, künftig besser in Infrastruktur statt in das Militär zu investieren. «Das Geld für deutsche Waffensysteme fehlt anderswo. Ohne ausreichende Ressourcen für Bildung, Gesundheit und produktive Sektoren hat die junge Generation keine Perspektiven, was für die Regimes der arabischen Welt nun zum Pulverfass geworden ist. Viele versuchen nun gegenzusteuern - wie etwa Saudi-Arabien, das nun erstmals in der Geschichte Arbeitslosengeld ausbezahlen will.»
dyn (Quelle: pte)
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