Mittwoch, 7. Oktober 2009 / 11:12:18
Jenny Fähndrich: «Man darf in der Luft nicht in Panik geraten»
Die Sporthilfe hat die BMX-Rennfahrerin Jenny Fähndrich als hoffnungsvollste Westschweizer Nachwuchssportlerin ausgezeichnet. Warum es ihr nie langweilig wird und wie sie es ganz nach vorne schaffen will, verrät die 20-jährige Genferin im Interview.
Jenny Fähndrich, warum fährst du BMX?
Ich habe viel ausprobiert: Basketball, Schwimmen, Tennis. Aber beim BMX
wird es mir nie langweilig. Selbst nach zehn Jahren gibt es Dinge, die ich noch nicht kann, zum Beispiel hohe Sprünge oder gewisse technische Abläufe. Für jede BMX-Bahn muss ich den besten Weg finden.
Wie bist du zu dieser Sportart gekommen?
Ich habe das Velo von meinem Bruder stibitzt. Nach einer Runde war ich zwar total kaputt, aber ich habe weitergemacht.
Was ist das Verlockende am BMX-Fahren?
Die Kontakte, die Stimmung. Das ist vor und nach den Olympischen Spielen
gleich geblieben. Auf der Bahn machen wir keine Geschenke, aber daneben
verstehen wir uns alle sehr gut. Wir albern manchmal auch ziemlich herum.
Warum empfiehlst du anderen, mit BMX-Fahren zu beginnen?
Das Beste daran ist der Spass auf den Buckeln und den schnellsten Weg zu
finden, um jedes Hindernis zu überwinden. Es braucht Kaltblütigkeit, eine
Portion Mut und man darf in der Luft nicht in Panik geraten. Diese Mischung aus Mentalem und Physis macht BMX zu einer sehr kompletten Sportart.
Wie bereitest du dich auf einen Einsatz vor?
Ich konzentriere mich voll auf den Start und die erste Gerade. Der Start erfolgt zwischen null und drei Sekunden nach der Ankündigung, ist unvorhersehbar. Wenn man nicht konzentriert ist, verpasst man ihn und wird hinten im Feld eingeschlossen. Es dreht sich also alles um das Tor und wann es sich öffnet.
Mit welchen Charakterzügen würdest du dich selbst umschreiben?
Abseits der Bahn bin ich eher schüchtern. Im Rennen aber kommen die
Emotionen aus mir heraus. Ich befreie mich. Ich liebe es, alles zu geben. Ein 400 Meter langer Parcours scheint kurz zu sein. Mit den Buckeln und den technischen Schwierigkeiten sind die physischen Anforderungen aber
hoch.
Was bedeutet dir die Auszeichnung «Meilleure Espoire Romande» der Sporthilfe?
Das war eine riesige Überraschung. Ich spüre, dass man an mich glaubt.
Die Zeiten sind im Jahr nach Olympia immer hart, vor allem finanziell. Auch darum hat sich die Auszeichnung für mich gelohnt.
Zwischen Mai und Juli konntest du kaum trainieren und keine Wettkämpfe
bestreiten. Was war passiert?
Ich bin Anfang Mai im fünften Lauf der Europameisterschaften in Creazzo
(Italien) gestürzt, als Zweite meines Qualifikationslaufes. Es war ein technischer Fehler (ein zu langer Sprung), dann die Diagnose: Bruch des Schulterblatts und Haarrisse in der Wirbelsäule. Darauf folgte eine lange Pause, zweieinhalb Monate lang.
War das hart?
Die Pause war schwierig, weil ich viele Untersuchungen hatte und die
Dauer der Pause nie genau definiert werden konnte. So habe ich zweieinhalb
Monate an meiner Physis gearbeitet, ohne einmal auf meinem BMX zu fahren. Ich hatte mein grosses Ziel, die WM in Australien. Aber beim letzten Check mussten mein Arzt, mein Trainer und ich einsehen, dass wir die WM streichen müssen. Es wäre zu früh und zu gefährlich gewesen, mit so wenig Bahn-Training auf jenem Kurs zu starten, vor allem in meinem damaligen
Zustand (ich trug noch immer ein Korsett!).
Kannst du etwas Positives aus dieser Pause ziehen?
Es gibt immer etwas Positives. Ein Sturz bedeutet grundsätzlich, dass man eine Pause braucht. Ich konnte davon profitieren und die Ausbildung zur Trainerin beginnen. In sportlicher Hinsicht konnte ich immerhin meinen
Fitnessstand von vor dem Sturz halten, denn dieser war sehr gut. Zudem ist meine Motivation geblieben, die Ziele sind bloss auf 2010 verschoben.
War es für dich damals eine Überraschung, für Peking selektioniert zu werden?
Wir glaubten zu zweit daran: mein Trainer und ich. Ich habe in zwei Monaten so viel gelernt, wofür andere zwei Jahre brauchen.
Nach deinem Ausscheiden im Halbfinal warst du sehr traurig…
Ich hatte die Möglichkeit, ins Finale zu kommen. Nach intensiven Trainings
hatte ich das Niveau der Mädchen erreicht, die ich sonst nie schlagen
konnte. Doch dann stürzte eine Fahrerin direkt vor mir.
Wie ist es, «nur» BMX zu fahren im Leben?
Es ist anstrengend, aber ich mache grosse Fortschritte. Ich gebe mir drei
Jahre Zeit bis zu den Olympischen Spielen in London, um meinen Sport
so zu leben.
fr, mg (Quelle: Sporthilfe)
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