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«Kollektive Verrücktheit» an der Street Parade.

 
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Sonntag, 9. August 2009 / 10:57:43

Die Street Parade: Ein moderner Schamanentanz

Zürich, am 8. August 2009: Der Bürkli-Platz ist von Menschen mit bunten Perücken, bemalten Gesichtern und Blumen im Haar bevölkert. Von den Anzugträgern, die hier an einem Wochentag umherhasten, keine Spur und auch die Züri-Hipsters haben sich in andere Stadtteile zurückgezogen.

Heute ist hier kollektive Verrücktheit angesagt und der Regen unterstützt dies kräftig: Mit den aufgeweichten Atemschutzmasken und am Körper klebenden T-Shirts wirkt alles noch ein wenig apokalyptischer als bei Sonnenschein.

Die Street Parade ist dieses Jahr zwar 18 geworden, aber noch nicht erwachsen. Noch immer kann man sich hier in eine Fantasie-Welt tanzen, in der das Alltagsleben keine Rolle spielt. Diese Realitätsflucht sei kein Phänomen der Neuzeit, sie sei in allen Kulturen der Welt seit Menschengedenken verbreitet, das sagt Dr. Hans Menning, der an der Universität Zürich in der Fachgruppe Psychopathologie und klinische Intervention forscht. «Die Römer hatten ihre Spiele, während andere ums Feuer tanzten. Es gibt kaum eine menschliche Gruppierung, die nicht eine Form der Realitätsflucht betreibt.»

Halluzinogene gehören dazu

Am Uto-Quai steht eine blonde Dame mit hohen Stiefeln, Netzstrümpfen, eng gebundenem Mieder und schwarzen Flügelchen am Rücken. In der Hand hält sie ein Cüpli-Glas, ihre Freundin füllt gerade nach. Erst von Nahem verraten ein paar feine Linien in ihrem schönen Gesicht, dass sie wohl nicht das erste Mal an der Street Parade ist. Seit der allerersten Parade käme sie hierher, betont die 43-jährige kaufmännische Angestellte. Hier an der Street Parade gäbe es auch mal Leute in ihrem Jahrgang und man darf sich ausgefallen anziehen. Drogen brauche sie keine aber «Es paar Cüpli hämmer scho gha».

Weniger aufwändig «kostümiert» sich nebenan grade ein junger Mann: Er hat sein T-Shirt ausgezogen und sprüht sich Goldfarbe auf den Oberkörper. Seine Kollegen lassen einen Joint kreisen, alle haben Flaschen in der Hand, gefüllt mit unterschiedlich hochprozentigen Flüssigkeiten. Einmal im Jahr könne man hier «alles la sii», sagt der Goldjunge, der am Montag wieder als Fassadenisolateur arbeiten wird. Dass er und seine Kollegen später noch härtere Drogen nehmen werden, schliesst der 26-Jährige nicht aus.

Ob Cüpli, Haschisch oder härtere Drogen: Zur Fantasie-Welt an der Street-Parade gehören für viele auch ein «Schmiermittel». Und auch das hat bei den Menschen Tradition. «Halluzinogene haben immer zum Menschsein dazugehört», sagt Hans Menning. «Und die Realitätsflucht wurde häufig unterstützt durch solche Halluzinogene, zum Beispiel mit bestimmten Kräutern oder Pflanzen.»

Das Gehirn ist in seinem Element

Mit der Flucht aus der Realität verschwinden auch Krawatten und hochgeschlossene Hemden. Alt und Jung, Schön und Hässlich darf sich hier ausgefallen anziehen. Viele ziehen sich betont sexy an, manche zum ersten Mal in ihrem Leben, wie die 18-jährige Solothurnerin, unter deren geschlitztem T-Shirt der BH hervorlugt, die Beine im Mikromini. Hier könne man aus sich rausgehen und Leute kennenlernen, sagt die Schülerin.

Es scheint als würde die Street Parade ein menschliches Bedürfnis abdecken. Hans Menning sagt dazu: «Der Mensch hat eine grosse Imaginationskraft. Dieses Vorstellungsvermögen drängt geradezu darauf, benutzt zu werden. Die Imagination von nicht-reellen Welten ist eine kreative Tätigkeit.» Die Realitätsflucht löst im Gehirn einen Schwall von Dopamin, dem Belohnungs-Neurotransmitter, aus. «Das Gehirn ist gewissermassen in seinem Element, wenn es sich seine Welt schafft und sich darin vertiefen kann.»

Die Fantasie darf nicht wichtiger werden als die Realität

Gefährlich werden kann die Realitätsflucht, wenn das Erschaffen einer eigenen Welt so attraktiv wird, dass es sich verselbstständigt. «Wenn jemand in einen schizophrenen Zustand gleitet, in dem die eigenen Wahnwelt wichtiger wird als die reale Welt, kann das für die eigene Person und für andere gefährlich werden», erklärt Menning.

Wer also bei der Realitätsflucht auf Drogen verzichtet und am Montag wieder in den Alltag zurückkehrt, kann sich ihr für den Moment ganz hingeben. Denn die Street Parade ist auch ein wenig Therapie oder wie Hans Menning es ausdrückt eine «moderne, von der Gesellschaft akzeptierte Form des Schamanentanzes».

Fabienne Klenger, Zürich (Quelle: news.ch)

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