Donnerstag, 2. April 2009 / 20:39:00
Nicht umblättern ohne zu lesen
US-Präsident Barack Obama trifft sich morgen (3.04.) mit seinen NATO-Alliierten im französischen Strassburg, um über Kriegspläne in Afghanistan zu sprechen, seine «Front im Krieg gegen den Terror».
Aber der US-Einsatz gegen den Terror birgt einige dunkle Geheimnisse, und Obama hat bislang noch nicht über sie sprechen wollen.
In Spanien bewertet der Untersuchungsrichter Baltasar Garzon einen Fall von mutmasslichen Misshandlungen mehrerer Männer im Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba juristisch.
In Washington wurden Senator Patrick Leahy die gleichen Fragen gestellt, wie sie die Menschen in aller Welt auch stellen: Haben die Vereinigten Staaten wirklich Gefangene gefoltert? Wurden einige heimlich in andere Länder verlegt, um sie dort zu foltern? Und hat die Regierung dies autorisiert? Leahy sagt: «Wir können nicht umblättern, bevor wir die Seite gelesen haben.»
Genügend Gründe vorhanden
Es gibt genügend Gründe, daran zu glauben, dass tatsächlich Verbrechen verübt wurden. Einzelne Gefangene berichteten von Misshandlungen während der US-Haft, oder von Entsendungen in andere Länder – mit dem gleichen schrecklichen Ergebnis. Eine Untersuchung des Internationalen Roten Kreuzes hat das ebenfalls bestätigt.
Während seiner Amtszeit schloss George Bush kategorisch Misshandlungen aus: «Die Vereinigten Staaten foltern nicht.» Die Bush-Regierung fasste den Begriff «Folter» aber so eng, dass der Gebrauch des Wortes ebenfalls sehr umstritten ist. Die Bemühungen, herauszufinden, was wirklich geschehen ist, gehen sehr langsam voran, sowohl in den USA, als auch in der restlichen Welt.
Lieber in die Zukunft schauen, als in die Vergangenheit
Die Obama-Regierung hat sich bislang noch nicht an dieses Thema herangetraut. Präsident Obama sagte erst kürzlich, dass «er generell lieber in die Zukunft blickt, als in die Vergangenheit.» Das ist verständlich. Millionen Amerikaner sind Bush und seinen Diensten für das Land, als auch den US-Soldaten und Spionen, die die Sicherheit im Land nach dem 11. September gewährleisteten, dankbar.
Jedwede Untersuchung oder potentielle Verurteilungen könnten eine nationale Debatte auslösen, die Obamas Weg zu seinen Amtszielen sehr erschweren könnte.
Die Vereinigten Staaten haben aber internationale Verträge gegen Folter und Kriegsverbrechen unterzeichnet. Diese verpflichten Amerika, jede Art von Verstoss strafrechtlich zu verfolgen und zu verurteilen. Länder in Europa, Afrika und Kontinentalamerika haben jeweils einen Weg gefunden, sich mit ihren verdeckten Verbrechen auseinanderzusetzen.
Die Vereinigten Staaten müssen sich entscheiden, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen
Jonathan Mann - POLITICAL MANN
Dieser Text stammt von Jonathan Mann, Moderator und Journalist bei CNN International. Er moderiert das wöchentliche Politmagazin «Political Mann» auf CNN International. Der Text steht in der Schweiz exklusiv für news.ch zur Verfügung.
Kolumne von Jonathan Mann (Quelle: CNN-News)
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