Dienstag, 31. März 2009 / 23:40:41
Mit Bio-Essen: Hunger nach besserer Welt stillen
Bern - Immer mehr Konsumenten füllen ihre Einkaufstaschen mit Bio-Lebensmitteln. Gerade auch in der Wirtschaftskrise. Denn mit jeder weiteren Enttäuschung über das kurzfristige Profitdenken in der Wirtschaft wächst die Sehnsucht der Kunden nach vertrauenswürdigen Produkten.
«Letztes Jahr haben wir von der Wirtschaftskrise überhaupt nichts bemerkt», sagt Jacqueline Forster, Mediensprecherin der Bio-Landbauorganisation Bio Suisse, der Nachrichtenagentur SDA.
«Im Gegenteil: Es lief mindestens so gut wie 2007». Damals stieg der Umsatz mit Bio-Produkten um 7,7 Prozent auf rund 1,3 Mrd. Franken. Detaillierte Zahlen publiziert Bio Suisse Ende Monat.
Grossverteiler profitieren
Von der steigenden Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln profitieren vor allem die beiden Grossverteiler Coop und Migros. Rund 75 Prozent der Schweizer Bio-Produkte gingen 2007 über deren Ladentische.
2008 erwirtschaftete Coop mit seinen Bio-Lebensitteln ein Umsatzplus von 9 Prozent auf 722 Mio. Franken. Auch die ersten zwei Monate des laufenden Jahres liegen nach Auskunft des Unternehmens leicht über dem Vorjahresniveau.
«Mehrpreis für Mehrwert»
Auch bei Konkurrentin Migros läuft das Geschäft mit den Bio-Produkten gut. «Diese Zielgruppe scheint nach wie vor bereit zu sein, den Mehrpreis für Mehrwert zu bezahlen», sagt Mediensprecherin Monika Weibel.
Bio-Nahrungsmittel hätten sich auch in den ersten beiden Monaten 2009 gut verkauft. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz mit Bio-Produkten gegenüber 2007 (305,5 Mio. Franken) um 10,7 Prozent gewachsen.
Besonders beliebt sind Früchte und Gemüse sowie Milch, Brot und Eier. Bio-Fleisch befinde sich dagegen seit Jahren auf einem tiefen Niveau, sagt Forster von Bio Suisse.
Die Organisation erwartet auch für das Jahr 2009 keinen Einbruch. «Vielleicht ist es so, dass sich die Leute gerade in der Krise mit gesunden un nachhaltig produzierten Lebensmitteln etwas Gutes tun wollen», erklärt Forster.
Krise gibt zu denken
Bioprodukte sind laut Forster heute etabliert. Und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit werde durch die Krise eher noch verstärkt. «Das kurzfristige Denken, gerade auch in der Bankenwelt, führte zu den wirtschaftlichen Problemen, die wir heute haben. Das könnte ein Umdenken bewirken», sagt Forster.
Diese These bestätigt Trendforscherin Nicole Lüdi vom Zürcher Gottlieb Duttweiler Institut (GDI). Der Konsum von Bio-Produkten stille die Sehnsucht der Konsumenten nach vertrauenswürdigen Produkten. Bio-Lebensmittel würden als Symbol für kleine und überschaubare Produktionsweisen verstanden.
Gestörtes Vertrauen
«Das Vertrauen der Food-Konsumenten in die Wirtschaft ist seit längerer Zeit durch Skandale wie beispielsweise jenen um die Tierseuche BSE gestört. Auch bei der Bankenkrise haben die Konsumenten jemandem vertraut, der ihre Erwartungen enttäuscht hat,» sagt Lüdi.
Wer sich einmal für «Bio» entschieden habe, wechsle seine Einstellung nicht mehr so schnell, sagt Lüdi weiter. «Das ist eine Art Glaubensfrage. Der Bio-Konsument will gesund sein und er will verantwortungsvoll mit der Umwelt umgehen. Diese Haltung gibt man nicht so schnell auf.»
Auch hier dürfe man aber nicht blauäugig sein, warnt Lüdi, denn auch Bio-Lebensmittel würden zum Teil in grossem Stil produziert. «Die Vorstellung, dass alle Bio-Produkte vom kleinen Bio-Bauer um die Ecke gepflückt werden, könnte bald eine Entzauberung erfahren.»
von Livia Willi (Quelle: sda)
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