Dienstag, 3. Februar 2009 / 07:54:54
Lehman schafft wieder Jobs an der Wall Street
New York - Die US-amerikanische Pleitebank Lehman Brothers gehört wieder zu den Top-Adressen für Bewerber an der Wall Street. So wird das insolvente Institut eigenen Angaben zufolge nicht nur regelrecht «von Bewerbungen überschwemmt», wie das Wall Street Journal den neuen Lehman-CEO Bryan Marsal zitiert.
Darüber hinaus heuert es auch kräftig an. Hochkarätige und an der Wall Street erfahrene Banker sehen in dem Haus offenbar einen soliden Arbeitgeber.
Paradoxerweise scheint es dabei kein Hindernis zu sein, dass sich die ehemaligen Mitarbeiter finanzkrisengeschüttelter Banken wie der Bank of America, Citigroup oder Morgan Stanley ausgerechnet bei jenem Institut bewerben, aufgrund dessen Zusammenbruchs sie ihren Job erst verloren.
So war es die Lehman-Pleite, die die weltweite Banken- und Finanzkrise im September des Vorjahres auslöste. Die derzeitige Arbeitsmarktlage im US-Bankensektor lässt den Betroffenen jedoch keine grosse Auswahl.
Gute Leute ohne Job
«Es ist eine schwierige Zeit und es gibt eine Menge guter Leute da draussen, die nach Arbeit suchen», meint Bryan Marsal, Lehman-CEO sowie Mitgründer und Sanierungsexperte des Restrukturierungsunternehmens Alvarez & Marsal. Er selbst ist mit dem Insolvenzverfahren der Pleitebank betraut, im Zuge dessen Mitarbeiter eingestellt werden, die an der möglichst gewinnbringenden Filetierung der Lehman-Überreste arbeiten.
Über 200 Ex-Arbeitnehmer der Bank habe Marsal bereits wieder eingestellt, weiteres Personal werde noch gesucht. Selbst Ex-Lehman-CEO Richard Fuld, der vor Gericht bereits Mitverantwortung für die Misere des Hauses übernommen und seine knapp 14 Mio. Dollar teure Villa für 100 Dollar an seine Frau verkauft hat, um sie vor möglichen Schadenersatzforderungen zu schützen, ist im Hause Lehman wieder ein gern gesehener Gast.
Keine Gehälter wie vor der Pleite
Marsal zufolge soll die Abwicklung der Bank in 18 bis 24 Monaten beendet sein, was Experten nach jedoch zu knapp kalkuliert sei. Während Alvarez & Marsal zwischen 550 und 850 Dollar pro Arbeitsstunde seiner Top-Manager berappt, könnten die Bewerber nicht mehr mit Verdiensten rechnen, die mit ihren Gehältern vor der Lehman-Pleite vergleichbar sind.
Dennoch handle es sich dabei für rund zwei Jahre um einen relativ sicheren Job - heutzutage eine Rarität an der Wall Street. So verwundert es auch kaum, dass es seit Ausbruch der Bankenkrise viele gefeuerte Banker an Finanzstandorte in Asien zieht. «Die Wall Street verliert als Welt-Finanzzentrum aufgrund der Krise ganz klar an Bedeutung», meint Ingo Kreisinger, Leiter Aktienhandel Frankfurt bei der Baader Wertpapierhandelsbank.
7 Mrd. Dollar Barreserven
Dass Alvarez & Marsal bei der Abwicklung der Lehman-Insolvenz auf Hilfe durch Mitarbeiter angewiesen ist, wird angesichts des hohen Arbeitsaufwandes deutlich.
So verfüge die Bank noch über Barreserven in Höhe von rund sieben Mrd. Dollar und verwalte rund 1400 private Investments über 12,3 Mrd. Dollar sowie etwa 500'000 Derivate mit 4000 Partnern im Wert von 24 Mrd. Dollar.
Zudem sei man auf der Suche nach Käufern für Flugzeuge im Besitz des Hauses. Aufgabe der Insolvenzverwalter ist nun, die Vermögensbestände mit einer möglichst hohen Gewinnspanne zu verkaufen, um den 150 Mrd. Dollar hohen Schuldenberg abbauen zu können.
fest (Quelle: pte)
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