Samstag, 24. Januar 2009 / 10:48:18
Ökologisches Bauen zahlt sich aus
Dübendorf - Ein fünfstöckiges Büro- und Forschungsgebäude für 220 Personen, das kaum mehr Energie
von aussen für Wärme und Kälte benötigt als ein bis zwei Einfamilienhäuser?
Das Forum Chriesbach des Wasserforschungs-Instituts Eawag schafft das. Gut zwei Jahre nach seiner Einweihung ziehen Architekten, Planer und die Bauherrschaft heute an einer Tagung eine positive
Bilanz, auch in Bezug auf die Kosten.
Schon heute gilt das international beachtete Haus
als Vorbild für eine neue Gebäudegeneration, auch wenn es Optimierungspotential gibt, schreibt die Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (EAWAG).
Die ersten zwei Betriebsjahre des Eawag-Neubaus in Dübendorf haben laut der EAWAG gezeigt, dass das Gebäude
mit seiner aktuellen Nutzung wie vorgesehen funktioniert. Die Planungswerte stimmen gut mit den
gemessenen Daten überein. Wo Abweichungen festgestellt werden, lassen sich diese durch veränderte
Rahmenbedingungen erklären.
Bewährt hat sich vor allem das Konzept, auf einfache Prinzipien
abzustellen, also unter anderem auf eine möglichst gut wärmegedämmte Hülle und ein gutes Zusammenspiel
von Architektur und Haustechnik.
Fast ohne Kühlenergie
Besonders gut schneidet der Bau ab bezüglich Kühlenergie im Sommer. Weltweit steigt nämlich der
Energiebedarf für die Gebäudekühlung, ganz besonders für Bürogebäude mit grossflächig verglasten
Fassaden.
Im Forum Chriesbach wird dagegen statt High-Tech der Kamineffekt im Atrium genutzt, um
das Haus im Sommer mit Nachtluft auszukühlen. Zusammen mit der Luftzufuhr über ein Erdregister
führt dies dazu, dass für die Büroräume keine Klimatisierung nötig ist. Selbst in den heissesten Sommerwochen
stiegen die Raumtemperaturen dennoch kaum über 26°C.
Die Mitarbeitenden schätzen
das als grossen Komfort. Bestätigt wird dieses angenehme Klima auch von den CO2-Messungen der
Raumluft: Mit durchschnittlich 0.6 Liter CO2 pro Kubikmeter Luft liegen sie sehr tief.
Wärmebedarf eines 2-Familienhauses
Der Wärmebedarf ist leicht höher als prognostiziert. Statt 29 MWh wurden jährlich 67 MWh vom
Fernwärmenetz auf dem Areal bezogen. Das entspricht immer noch lediglich 6 kWh pro Quadratmeter
Energiebezugsfläche oder anders ausgedrückt dem Energieverbrauch für zwei konventionelle Einfamilienhäuser
für eine Fläche von über 11'000 m2 – ein Wert deutlich unter den strengen Minergie-PAnforderungen.
Mitverantwortlich für den höheren Wärmebedarf ist die Belegung der Räume. Sie ist
tiefer als für die Planung vorgegeben. Damit stehen weniger interne Wärmequellen zur Verfügung,
von den Mitarbeitenden bis zum PC.
Zudem musste die Temperatur der Zuluft aufgrund von Rückmeldungen
der Mitarbeitenden leicht angehoben werden auf 21°C.
Fotovoltaik-Anlage
Beim Strom wurden statt der geplanten 121 MWh jährlich 195 MWh vom Netz bezogen (17 kWh
pro m2 Energiebezugsfläche). Verantwortlich dafür sind hauptsächlich das Personalrestaurant aQa –
statt 150 produziert es über 260 tägliche Essen – sowie die öfter und länger eingeschaltete Beleuchtung
auf den Korridoren.
Hingegen produzierte die Fotovoltaikanlage auf dem Flachdach 71 statt 60
MWh und die thermische Solaranlage lieferte 26 statt 24 MWh pro Jahr.
Wirtschaftlich lohnende Mehrinvestition
Mit 30 Millionen Franken blieben die Baukosten für das Eawag-Hauptgebäude unter dem Kreditrahmen
des Bundesparlaments. Der nicht am Projekt beteiligte Haustechnikingenieur Andreas Pfeiffer
(Reuss Engineering AG) hat die Kosten näher unter die Lupe genommen.
Er beziffert die Mehrinvestition
gegenüber einem vergleichbaren, konventionell gebauten Haus auf knapp 5 %. Die etwas höheren
Kapitalfolgekosten werden jedoch mit den tieferen Betriebskosten wettgemacht. Das Forum
Chriesbach weist bereits heute um 10'000 Franken tiefere Jahreskosten (Kapital- und Betriebskosten)
auf, als ein herkömmliches Gebäude.
Steigen die Energiepreise wie erwartet an, wird sich diese Bilanz
mit den Jahren zusätzlich massiv verbessern. „Mit energie- und ressourcenoptimierten Bauten
kann also eine höhere Rendite erzielt werden“, folgert Pfeiffer. Zudem bringe ein konsequent nachhaltig
erstelltes Gebäude weitere Vorteile, die sich wirtschaftlich nur schwer beziffern lassen, etwa eine
hohe Werterhaltung oder ein gutes Gefühl und Prestige für Nutzer und Investoren.
Auswertung seit 2006
Die Energie-Bilanz sowie die Kosten für Bau und Betrieb des Forums Chriesbach standen im Zentrum der Fachtagung am Freitag in Dübendorf mit rund 140 Interessierten. Das Begleitprojekt der
beiden Forschungsinstitute Eawag und Empa sowie dem Ingenieurbüro 3-Plan Haustechnik AG wurde
vom Bundesamt für Energie und dem ETH-Rat unterstützt.
Das vom Planungsteam Bob Gysin + Partner
BGP entworfene Eawag-Hauptgebäude wurde im Juni 2006 bezogen. Von Beginn der Planung an
forderte die Bauherrschaft, dass der Bau zum Beispiel werden soll für gelebte Nachhaltigkeit, und
zwar nicht nur in Bezug auf die Umwelt, sondern auch mit Blick auf gesellschaftliche und wirtschaftliche
Aspekte.
ht (Quelle: pd)
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