Sonntag, 12. Oktober 2008 / 17:06:35
Haiders Tod könnte rechtes Lager wieder einen
Wien - Nach dem Tod des Rechtspopulisten Jörg Haider könnte auch seine junge Partei allein nicht mehr lange überleben. Sie muss sich neu aufstellen und für Verhandlungen über die Bildung der österreichischen Regierung dürfte da kaum Zeit bleiben.
Eine grosse Koalition zwischen den Sozialdemokraten (SPÖ) und der konservativen Volkspartei (ÖVP) sei deshalb wahrscheinlicher als zuvor, sagten Politikwissenschaftler am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters.
Haider hatte das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) 2005 von der Freiheitlichen Partei (FPÖ) abgespalten. Ohne ihr Zugpferd muss sich das BZÖ entscheiden, ob es sich mit der FPÖ vereint oder eigenständig bleiben will.
Rechte Annäherung
Noch am Abend von Haiders Tod bot die FPÖ der führungslosen Mannschaft des BZÖ die Rückkehr in die frühere Parteiheimat an. Die freiheitlichen Gesinnungsgenossen sollten überlegen, ob eine Kooperation das Vermächtnis Haiders sein könnte, sagte der FPÖ-Politiker Andreas Mölzer im österreichischen Fernsehen ORF.
FPÖ und BZÖ waren nach der Trennung verfeindet. Erst vor wenigen Tagen hatten sich die Parteien wieder angenähert. Zusammengenommen erreichten die beiden Parteien des rechten Lagers bei der Parlamentswahl vor zwei Wochen fast 29 Prozent der Stimmen.
SPÖ stärkste Partei
Die SPÖ blieb trotz Verlusten stimmenstärkste Partei. Sie hat ein Regierungsbündnis mit FPÖ und BZÖ ausgeschlossen. Die SPÖ erhielt zwar vom Präsidenten den Auftrag zur Bildung der Regierung, hat aber wenig Handlungsspielraum. Sie legte sich auf die ÖVP als Partner fest.
Die ÖVP reagiert auf das Werben der SPÖ zurückhaltend und hält sich nach einem Wechsel an der Parteispitze alle Optionen offen. Mit FPÖ und BZÖ hätte die ÖVP im Parlament eine Mehrheit.
Unter der Führung des ehemaligen Kanzlers Wolfgang Schüssel hatte sie von 2000 bis 2005 mit der FPÖ und nach der Spaltung bis zur Wahl 2006 mit dem BZÖ regiert.
BZÖ «unkalkulierbar»
Im BZÖ fehle für Koalitionsgespräche nun aber der Ansprechpartner, sagte der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. «Vorher war klar, dass Haider das Sagen hat», erklärte er. «Jetzt ist das BZÖ unkalkulierbar geworden.»
Das BZÖ hat nur in Kärnten, wo Haider Landeshauptmann (Ministerpräsident) war, eine starke Basis. Hier sei in Kooperation mit der FPÖ ein CSU-CDU Modell denkbar, sagte Filzmaier.
Der Meinungsforscher und Politikberater Peter Hajek sieht das BZÖ in den nächsten Wochen durch den Schock von Haiders Tod vor allem mit sich selbst beschäftigt. Über eine Vereinigung mit der FPÖ werde nicht schnell entschieden werden. «Die werden das auf die lange Bank schieben», sagte Hajek.
Alexandra Zawadil (Quelle: Reuters)
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