Dienstag, 3. Juni 2008 / 12:51:19
Gewalt in Computerspielen: Exemplarischer Fall vor Justiz
Bern - Im national wegweisenden Prozess um Gewalt in einem Computerspiel kommt es nun doch erst am kommenden Montag zu einem Urteil. Die zuständige Berner Strafeinzelrichterin hat die erste Einvernahme abgeschlossen.
Angeklagt ist der Geschäftsführer der Media-Markt-Filiale in Muri bei Bern, weil er das Computerspiel «Stranglehold» verkaufte.
Er soll damit gegen Artikel 135 des Strafgesetzbuches verstossen haben, der unter anderem die Darstellung von grausamen Gewalttätigkeiten verbietet. Anzeige erstattet hatte der bernische SP-Grossrat Roland Näf.
Kein Test des Spiels
Der Geschäftsführer erklärte Strafeinzelrichterin Christine Schaer, nach der Anzeige habe er das Spiel selber angeschaut. Er sei klar der Meinung, es verstosse nicht gegen das Gesetz. Vorher habe niemand das Spiel ausprobiert, denn Media Markt richte sich nach den Empfehlungen der Pan European Game Information (PEGI).
PEGI ist ein Alterseinstufungssystem für Computer- und Videospiele, das die Spielkonsolenhersteller freiwillig eingeführt haben und in 16 europäischen Ländern zur Anwendung kommt.
«Gesetzgebung ausloten»
Nach eigenen Angaben will Näf die Gesetzgebung ausloten, insbesondere der im vorliegenden Fall anwendbare Artikel 135 des Strafgesetzbuchs.
Der SP-Grossrat kritisiert, dass der Artikel bis jetzt nur ein «Papiertiger» ist, wie er in einer Mitteilung schreibt.
Komplizierte Formulierungen
Der Artikel verbiete zwar die Darstellung, Herstellung, Einfuhr, Lagerung oder Anpreisung von Ton- und Bildaufnahmen grausamer Gewalttätigkeiten. Allerding erschwerten komplizierte Formulierungen die Anwendung des Gesetzes.
Näf rechnet tendenziell eher mit einem Freispruch des Angeschuldigten, wie er weiter mitteilte. Der Nachweis, dass die Gewaltdarstellungen in dem Spiel eindringlich seien, die elementare Würde verletzten und keinen schutzwürdigen kulturellen Wert hätten, sei schwer zu erbringen.
Ja zu Standesinitiative
Im Berner Kantonsparlament konnte Näf-Piera bereits einen kleinen Erfolg verbuchen.
Der Grosse Rat sagte deutlich Ja zu einer Standesinitiative, mit der sich der Kanton auf nationaler Ebene für ein Verbot von «Killerspielen» einsetzen soll. Auch im Ausland werden in dieser Richtung Zeichen gesetzt.
rr (Quelle: sda)
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