Freitag, 15. Juni 2007 / 11:02:22
Das Erbe Arafats
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Das Erbe von Yassir Arafat liegt schwer auf den palästinensischen Gebieten. Als er die Chance zu einem würdigen Frieden in Camp David sausen und stattdessen die zweite Intifada losbrechen liess, hob er - ob mit Absicht oder nicht... wir werden es nie wissen - damit das Grab vieler Palästinenser, das seiner Bewegung und jenes jeglicher Chancen auf Frieden für Palästina aus.
Genau diese Chancen sind nun so tief und nachhaltig wie Arafat selbst begraben. Allen Friedensaufrufen der palästinensischen Regierungsvertreter zum Trotz tobt seit einer Woche ein Bruderkrieg und mit dem Fall des Gaza-Streifens an die Hamas und der Dominanz der Fatah in der West-Bank sind die Palästinensergebiete de facto geteilt.
Von Hamas-Leuten wurde bereits eine 'Gottesherrschaft' ausgerufen, Fatah-Vertreter wurden vor deren Familien erschossen und ein hoher Funktionär nach seiner Hinrichtung durch die Strassen geschleift, was in der Wesbank sofort zu Racheaktionen der Fatah-Kämpfer führte.
Im Angesicht dieser Gräuel auf einen innerpalästinensischen Frieden zu hoffen, ist absurd. Mit der nun fortgesetzten Zerstörung ist auch noch der letzte Rest an Infrastruktur im Gaza-Streifen vernichtet worden, die Hamas hat ein Trümmerfeld erobert.
Die Hamas und ihr Ministerpräsident Hanija haben immer noch die Hoffnung, ausserhalb der arabischen Welt als eine legitime Regierung anerkannt zu werden, womöglich nun mehr denn je. Was absurd ist, entfernten sie sich doch durch ihre Handlungen weiter als je zuvor von jeder Legitimität: eine lynchende, mordende, leichenschändende Bande von radikalen Islamisten ist nicht unbedingt der Wunschpartner des Westens.
Es hätten nach dem Wahlsieg der Hamas über die PLO gewisse Chancen bestanden, sich selbst als Alternative zu dieser zu etablieren. Denn jene – die international anerkannten Vertreter der Palästinenser - waren als korrupt, opportunistisch und doppelzüngig bekannt gewesen. Die PLO-Funktionäre hatten Millionen veruntreut und, wie sie das von anderen arabischen Regimen gelernt hatten, definierten sich vor allem durch gutes Leben auf Kosten des Volkes. Diese Standards zu übertreffen wäre nicht schwer gewesen.
Doch es versuchte hier nun einfach eine homogene Gruppe eine andere an den Hebeln der Macht zu ersetzen und an die Fleischtöpfe zu kommen. Dass diese, auf Grund der konsequenten Hamas-Weigerung, das Existenzrecht Israels anzuerkennen, wegen internationaler Boykotte bald schon leer Waren, machte die Sache auch nicht besser. Es wurde um das Wenige, dass es noch gab, umso heftiger gekämpft.
Nach aussen wird immer noch der Eindruck erweckt, das es nur um das 'historische Unrecht' des Staates Israel gehe, und dass dessen Existenz den Frieden für die Palästinenser unmöglich mache. So erhebt denn auch die Hamas die Vernichtung Israels zum Endziel, ein Ziel das ebenso irreal wie selbstzerstörerisch ist.
Und hier liegt die Krux der ganzen Sache: Als Arafat die Chance auf die Erfüllung von 95% seiner Wünsche zugunsten eines blutigen Aufstandes fahren liess, stellte er sicher, dass die Palästinenser-Gebiete noch auf Jahrzehnte hinaus in den Fängen von Clan-Artigen Organisationen mit messianischem Grössenwahn und nachhaltigem Realitätsverlust wären. Die Illusion, dass Geschichte rückgängig gemacht werden könnte, der krampfhafte Versuch, die Vergangenheit zu verändern, statt die Zukunft zu gestalten beraubt die Bewohner der besetzten Gebiete genau dieser.
Die Romantisierung des Palästinenser-Kampfes in vielen europäischen Köpfen hilft dabei auch nicht weiter. Sicher, die Bevölkerung ist zu bedauern. Doch sie ist Opfer von Bewegungen, die ihre Macht- und Geldgier hinter blutig-idealistischen Fernzielen verstecken, von Bewegungen die den echten Frieden nie erreichen wollen, weil ihre Fratzen an Hässlichkeit nur durch den ewig tobenden Krieg übertroffen werden.
von Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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