Freitag, 24. Juni 2005 / 19:55:27
Bush in der Irak-Klemme
Washington - US-Präsident George W. Bush laufen in Sachen Irak die Bataillone davon, nur noch zwei Fünftel der US-Bürger unterstützen seinen Irakkurs. Nun kommt auch noch zunehmend starker Zunder vom Kongress.
Nicht nur die demokratische Opposition, sondern auch eine wachsende Zahl von Republikanern sieht die USA im Irak konzeptionslos und festgefahren.
Wie tief die Stimmung mittlerweile gesunken ist, bekam Pentagonchef Donald Rumsfeld am Donnerstag in einer Senatsanhörung hautnah zu spüren. Seit Beginn des Irakkriegs nicht mehr musste er sich derart kritischen, ja aggressiven Fragen stellen.
Schreckenswort "quagmire"
Nicht ein Mal, sondern gleich mehrere Male tauchte das Schreckenswort "quagmire" (Morast, Sumpf) auf - ein Begriff, mit dem Kritiker einst die Lage der USA in Vietnam beschrieben. Jetzt stellte ihn nicht nur der demokratische Irakkriegsgegner Edward Kennedy in den Raum, sondern auch der republikanische Abgeordnete John McHugh.
So gross ist die "Fahnenflucht" daheim mittlerweile geworden, dass US-Zentralkommandochef John Abizaid sich öffentlich sorgte, "ob die Truppen im Irak nicht merken, dass die Unterstützung für ihren Einsatz schwindet".
Er habe noch nie einen derartigen Vertrauensschwund erlebt, räumte der General in der Senatsanhörung ein. Und wäre das alles nicht schon unerfreulich genug, erfuhr Bush, dass China nach einer Umfrage in den meisten Ländern besser angesehen ist als die USA. Das Imageproblem hat hauptsächlich der Irakeinsatz verursacht.
Neue PR-Offensive
Mit einer neuen Public-Relations-Offensive will der Präsident versuchen, wieder an Boden zu gewinnen. Zum Auftakt liess er sich in Washington öffentlich Rückendeckung vom irakischen Ministerpräsidenten Ibrahim al-Dschafari.
Dieser unterstützt Bushs striktes Nein zur Festlegung auf einen Truppenabzugstermin und seine Einschätzung, dass es deutliche Fortschritte im Irak gebe. Dass die Untermauerung der Bush-Position klar der Hauptgrund für das Treffen war, pfiffen in Washington die Spatzen von den Dächern.
Als nächsten Schritt plant Bush nach Angaben des Weissen Hauses eine "grössere" Rede zum Irak am Dienstag, möglicherweise sogar zur Hauptfernsehsendezeit am Abend. Der Dienstag ist der erste Jahrestag der US-Übergabe der Macht an den Irak.
Das Problem sei, dass die Menschen in den USA ihren Blick in erster Linie auf die anhaltende Gewalt im Irak richteten und dabei "den Zusammenhang" aus den Augen verloren hätten, zitierte die "Los Angeles Times" einen für politische Strategien zuständigen Beamten im Weissen Haus.
Sie hätten vergessen, dass ein demokratischer Irak auch die USA sicherer mache, und sie übersähen, dass es mittlerweile immense Fortschritte gebe. Es gelte, "diese Zusammenhänge wieder deutlich zu machen".
Rhetorik genügt nicht mehr
Experten sind aber skeptisch, dass es Bush ohne eine ganz deutliche Verbesserung der Sicherheitslage und damit der Aussicht zumindest auf den Beginn des Truppenabzugs in naher Zukunft gelingen wird, die Moral im eigenen Land wieder aufzumöbeln.
Die Ereignisse auf dem Boden - sprich die Autobomben und das Sterben von US-Soldaten und Irakern - hätten inzwischen die öffentliche Meinung so stark geprägt, dass die Erosion durch Rhetorik nicht mehr aufgehalten werden könne.
bsk (Quelle: dpa)
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