Montag, 11. Oktober 2004 / 11:46:18
Playback-Präsident?
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Und wieder gibt es eine neue, fast schon lustige Konspirationstheorie: Bush war bei seinen Fernsehduellen mit John Kerry mit einem Empfänger ausgerüstet und seine Antworten wurden ihm von einem Berater eingeflüstert.
Ein Hinweis auf diese Fernsteuerung Bushs ist vor allem eine rechteckige Beule, die sich durch den Anzug auf seinem Rücken abzeichnete, wenn man ihn von hinten sah und er sich etwas nach vorne bückte.
Nun kann man dies als lächerliche Anschuldigung abtun, aber die Verdachtsmomente sind durchaus vorhanden. Und vor allem: Die Erklärungen, die zu der Beule am Rücken abgegeben wurden, verdichten den Verdacht, statt ihn zu zerstreuen.
Anfangs wurde behauptet, die Bilder auf denen dieser Abdruck eines Gegenstandes zu sehen gewesen sei, seien manipuliert worden. Als dies ausgeschlossen werden konnte, warf sich der Schneider des Anzugs in die Bresche, als er behauptete, eine Naht verursache diese merkwürdige Ausbeulung. Das ist lachhaft: Seit Blocher wissen wir, wie sich schlecht sitzende Anzüge ausbeulen – einen solchen Buckel produzieren sie auf alle Fälle nicht.
Dann kommen noch interessante Verhaltensweisen dazu, die Bush an den Tag legte: Pausen, in denen er vor sich hin starrte, als ob er auf eine Stimme hören würde, plötzliche Ausrufe und aussagen, die er unterbrach und in einer anderen Richtung beendete.
Und wenn man – wie zum Beispiel salon.com – tiefer hineingräbt, findet man weitere faszinierende Hinweise darauf, dass Bush nicht in Lage sein könnte, für sich selbst zu sprechen. Bei der Ansprache zur Invasion in Frankreich von 1944 empfingen die Leute von CNN plötzlich ein Signal dass Bushs Worte vorsprach – zufällig benutzte das Übertragungsgerät die gleiche Frequenz. Dies könnte auch erklären, warum beim Republikanischen Parteitag die Medienschaffenden Auskunft über die Arbeitsfrequenzen ihrer Ausrüstung geben mussten. Eine Information, die beim demokratischen Gegenstück niemanden zu interessieren schien.
Auch die ursprüngliche Forderung der Regierung, dass die Kandidaten bei der Diskussion nicht von hinten gefilmt werden dürfen, war absurd, weshalb sich Fox – die übertragende Station – denn auch nicht daran hielt. Die Beule erklärt diesen Wunsch nun aber sehr rational.
Jetzt mag man sagen: Was soll's: Bush ist legasthenisch veranlagt und kann deshalb nicht gut ablesen, sollen Sie ihm doch seine Reden vorsagen.
Und ja, bei einer Rede mag das ja noch angehen. Aber bei einer Diskussion, in der er, der mächtigste Mann der Welt, seine Handlungen erklärt, sollte man wenigstens sicher sein, dass es seine Worte sind, die man hört. Und nicht die von Carl Rove, oder einem anderen seiner Berater.
Denn wer, muss man dann fragen, regiert die USA? Wer definiert die Politik? Es wird schon lange kolportiert, dass die Neocons um Rove und Cheney in Wahrheit das Sagen haben und Bush einfach das populär-populistische Aushängesymbol für eine eiskalte Politik ist. Die Beule am Rücken könnte viel mehr sein, als nur eine 'wardrobe-malfunction'. Sie könnte vielmehr den Defekt einer Demokratie darstellen – und den Hinweis darauf, das die USA seit vier Jahren von einem Playback-Präsidenten geführt wird.
Patrik Etschmayer (Quelle: news.ch)
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