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Harald Bugmann ist Professor für Waldökologie an der ETH Zürich.

Es ist toll, dass unser Land so attraktiv ist.

Wird oft gefordert: Wald roden, um Platz zu schaffen.

Der Wald steht meist an Orten, die landwirtschaftlich schlecht nutzbar sind.

 
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Dienstag, 20. Januar 2015 / 14:58:57

«Warum nicht endlich Wald roden?»

Der Wald geniesst in der Schweiz seit über hundert Jahren einen absoluten Schutz. Die Waldfläche wächst. Der Ruf wird lauter, dass wir statt wertvolles Ackerland zu überbauen doch Wald roden sollen, um mehr Siedlungsfläche zu schaffen. Damit wäre das Platzproblem endlich zu lösen - klingt logisch, oder? «Endlich» ist leider auch das Stichwort, warum dies keine Lösung ist.

Wenn ich mit dem Zug von Zürich nach Solothurn oder Bern fahre, frage ich mich jedes Mal, weshalb so viele Hektaren bestes Ackerland geopfert wurden, um einstöckigen Lagerhallen oder Dienstleistungsbetrieben Platz zu machen; weshalb viele Einfamilienhaus-Siedlungen derart locker gebaut sind, dass ihr Flächenbedarf beinahe unverschämt wirkt; und ich wünschte mir, dass dieses Ackerland immer noch vorhanden wäre. Also ist doch klar: Ackerland erhalten, dafür die Waldfläche reduzieren, die ja in der Schweiz ohnehin reichlich vorhanden und zudem noch weniger produktiv ist.

Was wollen wir? 

In Bezug auf die Landnutzung sind wir wie kleine Kinder: wir wollen alles. Kein Verlust von Ackerland. Kein Verlust von Waldfläche. Und es ist toll, dass unser Land so attraktiv ist und viele Menschen, oftmals sehr gut ausgebildete und deshalb gesuchte Leute, in unser Land ziehen. Also wollen wir auch keine Beschränkung der Siedlungsfläche (indirekt: der Zuwanderung). Und wir wollen möglichst naturnah in einer nachhaltigen Gesellschaft leben. Es ist offensichtlich, dass das nicht aufgehen kann. Aber der Reihe nach.

Siedlungsfläche gegen Ackerland - Ackerland gegen Wald?

Landwirtschaftsfläche ist wichtig, weil in einer nachhaltigen Welt ein Grossteil der Produktion aus der Nachbarschaft kommen muss - die derzeitigen Transportwege für Nahrungsmittel sind absurd und nachhaltig sicher nicht aufrecht zu erhalten. Also muss möglichst viel Landwirtschaftsfläche erhalten bleiben. Der Wald steht übrigens an jenen Orten, die sich für Landwirtschaft in aller Regel nicht eignen, sei es wegen schlechter Böden, einer zu steilen Lage oder zu grosser Distanz zu den Siedlungen. Das heisst, Landwirtschaftsland liesse sich auf Kosten des Waldes nur in geringem Ausmass gewinnen. Also muss die Ausdehnung der Siedlungen auf Kosten der Landwirtschaft beendet werden.

Oder doch lieber: Siedlungsfläche gegen Wald?

Wald ist aus vielerlei Gründen wichtig: von der Erhaltung der Biodiversität über die Kohlenstoff-Speicherung bis hin zur Tatsache, dass er gerade in Siedlungsnähe eine grosse Bedeutung für die menschliche Erholung hat. Die Waldfläche nimmt (leider) nicht dort zu, wo der grösste Siedlungsdruck herrscht, sondern genau dort, wo kein Siedlungsdruck ist, nämlich in abgelegenen Gebieten, die sich teils auch entvölkern (zum Beispiel Seitentäler im Tessin). Und dort, wo der Siedlungsdruck am grössten ist, haben wir bereits heute den geringsten Flächenanteil des Waldes. Also kann es auch keine Lösung sein, Waldfläche für die Expansion der Siedlungen aufzugeben, denn die Nachfrage nach Erholungswald in Siedlungsnähe nimmt durch die Ausdehnung der Siedlungsfläche zu und nicht etwa ab. Also muss auch die Waldfläche geschützt bleiben.

Was bleibt?

Es bleiben zwei Optionen: Zum einen die Siedlungsfläche «nach innen» zu verdichten. Das hätte nicht nur den Vorteil, dass der Flächenbedarf nicht weiter zunehmen würde, sondern auch, dass die zurückgelegten Pendler-Kilometer sänken. Das wäre für eine nachhaltige Gesellschaft sehr wichtig. Allerdings ist Verdichtung nur so weit sinnvoll, als dass eine hohe Lebensqualität in urbanen Gebieten erhalten bleibt. Wenn ich heute in gewissen Quartieren Zürichs spazieren gehe und sehe, wie Einfamilienhaus-Siedlungen zunehmend zu grauen Strassenschluchten mit grossen drei- oder viergeschossigen Gebäuden links und rechts mutieren, so ist mir klar, dass deren Bewohner in Zukunft das Wochenende nicht ums Haus verbringen, sondern aufs Land fahren werden, um sich zu erholen. Da hätte man den Teufel dann mit dem Beelzebub ausgetrieben.

Und das andere? Ohne Zweifel wird auch die Verdichtung der Siedlungsfläche ein Ende haben. Es braucht offensichtlich einen gesellschaftlichen Diskurs über die maximale Anzahl Einwohner, welche die Schweiz nachhaltig haben kann. Das ist ein heisses Eisen, aber wir werden es angehen müssen. Einfach zu hoffen, dass die Zuwanderung «bald» einmal aufhören wird, erinnert an den Strauss, der den Kopf in den Sand steckt. Ecopop war aus verschiedensten Gründen eine grundfalsche Antwort auf die Frage. Aber die Frage bleibt auch nach der Abstimmung. 

Prof. Harald Bugmann (Quelle: ETH-Zukunftsblog)

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