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Parteichef Xi Jinping (mit First Lady Peng Liyuan): Dürfte gestärkt aus der Partei-Konklave hervor gehen.

 
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Montag, 20. Oktober 2014 / 10:52:03

«Rechtsstaatlichkeit ist ein Muss»

Das jährliche Plenum des ZKs der KP Chinas ist nicht der Stoff, aus dem westliche Schlagzeilen gemacht werden. Zu langweilig. Und doch, für Chinesen und Chinesen hat das Plenum Konsequenzen. Einmal im Jahr geht es um Chinas Zukunft.

Das Macht-Powwow auf höchster Ebene in Peking tagt in der Regel einmal im Jahr, meist im Herbst (diesmal vom 20. Bis 23. Oktober). Hinter verschlossenen Türen brüten 205 Vollmitglieder des Zentralkomitees der KP und 171 Alternativ-Mitglieder ohne Stimmrecht über Lösungen für die wirtschaftliche, soziale und politische Zukunft des Reichs der Mitte. Das ZK wird jeweils am alle fünf Jahre stattfindenden Parteitag für fünf Jahre von rund 2500 Delegierten gewählt. Der letzte fand vor zwei Jahren statt, als, gut geplant und friedlich, nach zehn Jahren ein Machtwechsel an der Spitze über die Bühne ging und Partei-, Armee- und Staatschef Xi Jinping und Premier Li Kejiang die oberste Stufe der Macht erklommen.

Nach dem Prinzip des «Demokratischen Zentralismus» werden in der 85 Millionen Mitglieder zählenden KP die Leitungsfunktionen theoretisch von unten nach oben gewählt, also das ZK vom Parteitag, das 25-köpfige Politbüro vom ZK und das aus sieben Männern bestehende Machtzentrum, der Ständige Ausschuss des Politbüros, vom Politbüro. Die Weisungsbefugnis verläuft praktisch jedoch zwingend von Oben nach Unten. Vor und nach dem Plenum. Alles wird vom Zentrum fein orchestriert und abgestimmt.

Innerhalb der Partei gibt es natürlich Meinungsverschiedenheiten und diverse Seilschaften. Genaues ist kaum zu erfahren, denn die Entscheidungen werden hinter dem Vorhang getroffen. Grüntee-Blätter lesen ist eine Analyse-Kunst, die nach meiner Erfahrung Laobaixing - ganz gewöhnliche, hart arbeitende Chinesinnen und Chinesen - sehr gut verstehen, sicher besser als die meisten Ausland-Korrespondenten und Experten. Kommt dazu, dass mit der Modernisierung der letzten 35 Jahre sowohl die Partei als auch die Regierung in ihrer Informations- und Propagandapraxis sehr viel offener geworden sind. Im Zeitalter der Instant-News und des digitalen Gezwitschers ist es freilich mühsam und zeitraubend, wenn auch oft erhellend, die langen, dröge geschriebenen offiziellen Verlautbarungen zu lesen, zu hinterfragen und kritisch auseinander zu nehmen.

In welche Richtung es läuft, beschliessen in letzter Instanz die sieben Männer des Ständigen Politbüro-Ausschusses. Sie halten alle wichtigen Machthebel in Partei und Staat in der Hand. Xi Jinping zum Beispiel ist nicht nur Parteichef, sondern auch Vorsitzender der entscheidenden Militärkommission, er überwacht eng die Disziplinarkommission der Partei und fungiert als Staatspräsident. Dem Ständigen Ausschuss gehören beispielsweise auch Premierminister Li Kejiang oder der Vorsitzende des Nationalen Volkskongresses (Parlament) Zhang Dejang sowie die Verantwortlichen für die innere Sicherheit , Parteidisziplin und die Aussenpolitik an.

Seit seinem Machtantritt vor zwei Jahren hat Xi Jinping zunehmend an Statur gewonnen. Er hat in mancherlei Hinsicht die Schraube angezogen, vom Kampf gegen die Korruption bis hin zur Internetzensur und zur Kontrolle der schönen Künste. Er lässt die «Massen» den «Chinesischen Traum» träumen und greift hin und wieder auf ideologische Floskeln des «Grossen Steuermann» Mao zurück. Ungleich Mao aber bemüht Xi sich auch um die Lehren der alten Philosophen, zuvörderst natürlich jene von Meister Kong (Konfucius), dann aber auch die von Mencius oder dem Legalisten Hanfei. Der Schwerpunkt bei alledem liegt bei Hierarchie, Paternalismus, Gehorsam und absoluter Vormacht der Partei.

Im Volk ist Xi äusserst beliebt. Bereits werden Anhänger und Teller mit seinem Konterfei als Memorabilia in Touristenläden rund unm den Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens Tiananmen angeboten. Xi, so wird es von den «Massen» interpretiert, macht Nägel mit Köpfen, Zum Beispiel mit seinem gnadenlosen Kampf gegen Korruption, bei dem sowohl «Tiger», also hohe Tiere, als auch «Fliegen», also kleine Beamte, buchstäblich über die Klinge springen müssen. Xis Auftritte im Ausland, besonders aber im Inland, sind bis ins Detail inszeniert. Erstmals spielt auch Xis Ehefrau als First Lady ein Rolle. Sie ist elegant und war lange vor ihrem Ehemann ein Mega-Star in China. Dreissig Jahre lang war Peng Liyuan die berühmteste Sängerin des Landes. So macht denn unter dem Volk ein Witz über den Parteichef die Runde. Wer ist Xi Jinping schon wieder? Antwort: der Ehemann von Peng Liyuan.

Parteichef Xi Jingping, noch bis 2022 im Amt, hat zusammen mit dem ZK und dem Politbüro in relativ kurzer Zeit schon viele wichtige und richtige Entscheidungen getroffen. Jetzt aber, am vierten Plenum, geht es ums Eingemachte, ähnlich wie damals 1978, als der grosse Revolutionär und Reformer Deng Xiaoping ebenfalls an einem Plenum dem Klassenkampf abschwören liess und Wirtschaftsreformen zum Durchbruch verhalf.

Nach 36 beispiellos erfolgreichen Reformjahren steht China vor einer Wende. Das Wirtschaftsmodell, basierend auf Export, Investitionen und Schulden, muss radikal verändert werden mit dem Ziel von mehr Binnennachfrage und Konsum sowie marktgerechterer Allokation von Kapital. Die Herausforderungen sind gross. Es geht um die Begrenzung der krassen Einkommensunterschiede, um die Einführung eines Sozialversicherungs-Systems, um die Klärung und Aufarbeitung der bäuerlichen Eigentumsnutzungssrechte, um das Meldesystem (Hukou) der rund 250 Millionen Wanderarbeiter, die keinen Zugang zur städtischen sozialen Infrastruktur haben. Auch Korruption, Nepotismus, Pflichtverletzung von Beamten und Polizei,Cliquenbildung in Partei und Verwaltung sollen bekämpft und korrigiert werden.

Ökonomisch soll das Banken- und Finanzsystem von Grund auf überholt werden und, so Parteichef Xi, den Marktkräften in Zukunft grössere Entfaltungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft ist in den letzten Jahren markant gesunken. Von über zehn Prozent vor vier Jahren auf derzeit knapp über sieben Prozent. Das hat mit dem weltweiten konjunkturellen Umfeld zu tun. Aber nicht nur. Parteichef Xi sagt, dass China ohne Problem hätte schneller wachsen können, doch das wollte man nicht. Nachhaltigkeit, also Umwelt, und Qualität des Wachstums sind längefristig betrachtet den ökonomischen Planern wichtiger als Quantität.

Zu einer harten Landung wird es wohl nicht kommen. Auch die Immobilien-Blase ist nach Meinung chinesischer Ökonomen unter Kontrolle. Denn ungleich den USA, wo man mit Null Eigenkapital sich ein Haus kaufen konnte, sind die Hürden in China mit mindestens 30% Eigenkapital recht hoch. Auch die westliche Vorstellung, dass die Staatsbetriebe im Reich der Mitte nach wie vor bestimmend sind, ist falsch. Zu Beginn der Reform 1979 waren Staatsbetriebe noch für 75 bis 80% der Produktion verantwortlich, heute sind es noch 25%. Staatsbetriebe bestritten vor zwanzig Jahren noch zwei Drittel aller Exporte, heute sind es nur noch schiere 11%. Privatunternehmen beschäftigen heute die überwiegende Zahl von Arbeiterinnen und Arbeitern und schaffen mit Abstand am meisten neue Arbeitsplätze. Bei Staatsbetrieben sind gerade noch 13% der städtischen Angestellten in Lohn und Reis. Richtig dagegen ist, dass in strategischen Bereichen wie etwa Rüstung, Telecom, Eisenbahn oder Energie nach wie vor die Staatsunternehmen führend sind. Wie anderswo im Westen auch, notabene.

Um all die ehrgeizigen Ziele durchzusetzen, die bereits vor einem Jahr am dritten Plenum angedacht und zum Teil angegangen worden sind, hat sich das Vierte ZK-Plenum des 18. Parteitags - chinesischer Kürzel 4/18 - das Grundthema «Rechtsstaatlichkeit» gegeben. Bereits im Juli formulierte das die Parteiführung so: «Das Land durch Recht regieren». Der Hintergrund: Neben Korruption vor allem Arbeitskonflikte, Umweltverschmutzung, Streit um bäuerliche Landrechte oder Lebensmittelsicherheit. Die Partei nimmt diese Probleme todernst, denn falls sie nicht gelöst werden, droht soziales Chaos (Luan). Das fürchteten schon die Kaiser, denn nicht selten verloren sie dadurch das Mandat des Himmels, das heisst die Macht. «Das Volk», schreibt deshalb die «Global Times», ein Ableger des Parteiblattes «Renmin Ribao» (Volkszeitung), «freut sich, dass Rechtsstaatlichkeit gestärkt wird». Gleich wird aber hinzugefügt, dass Rechtsstaatlichkeit ausschliesslich unter der Führung der Partei entwickelt werden kann. Warnend schreibt ein Kommentator im Partei-Magazin «Rote Flagge», es sei falsch, die «Demokratische Diktatur des Volkes» zu negieren oder zu ersetzen. In der Tat, diese Diktatur des Proletariats ist eine marxistische Kerntheorie und ein Grundsatzwert der KP Chinas.

Das Politbüro hat, wie immer, bereits die generelle Richtung vorgegeben: «Rechtsstaatlichkeit ist ein Muss». Selbstverständlich unter Führung der Partei und unter «Berücksichtigung des Sozialismus chinesischer Prägung». Das Ziel jedoch ist klar, es braucht mehr Transparenz. Die Partei nämlich kann heute nicht mehr diktatorisch wie zu Maos Zeiten ohne Volk regieren. Heute wird nicht ohne oder mit oder durch das Volk regiert, sondern autoritär für das Volk.

Konkrete Resultate des 4/18-Plenums werden, wenn der Propaganda-Pulverrauch sich aufgelöst hat, erst in den nächsten Wochen und Monaten fassbar. Denn gegen Xis Reformpaket gibt es innerhalb der Partei, kaum verwunderlich, einige Widerstände. Interessen und Privilegien einer breiten Nomenklatura stehen nämlich auf dem Spiel. So aber, wie es jetzt aussieht, wird Parteichef Xi Jinping in seiner Autorität gestärkt aus dem Partei-Konklave hervorgehen. Gewiss wird auch die Rechtsstaatlichkeit, the Rule of Law, in China verbessert. Doch letztlich steht auch nach 4/18 die Partei über dem Gesetz.

Peter Achten (Quelle: news.ch)

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