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Und abends in Happy Valley: Pferderennen in Hong Kong.

 
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Montag, 13. Oktober 2014 / 08:08:34

Ascot in China?

Glücksspiel und Pferdewetten sind in China verboten. Niemand auf der Welt spielt und wettet jedoch derart mit Leidenschaft wie gerade Chinesinnen und Chinesen. Mao verurteilte einst das Spiel als «bourgeois». Gilt das unter Parteichef Xi Jinping - jetzt im Jahr des Pferdes - bald nicht mehr?

Gleich nach der Gründung der Volksrepublik am 1. Oktober 1949, der Befreiung, war fertig lustig. Die Racetracks zumal in Shanghai, die ihren Betrieb in der Mitte des 19. Jahrhunderts in der Konzession der britischen Kolonialisten und Imperialisten aufgenommen hatten, wurden abrupt geschlossen. Glücksspiel und insbesondere das Wetten auf Pferderennen wurden als «amoralisches kapitalistisches Vergnügen» gebrandmarkt und galten fortan als «bourgeois»,«reaktionär», «feudal», «kolonialistisch»« und als »soziales Übel«.

In der britischen Kronkolonie wurde derweil munter weiter auf Pferde gewettet. Der 1884 gegründete Hong Kong Jockey Club veranstaltet derzeit rund 700 Galopprennen pro Jahr, tagsüber auf dem Racetrack in ShaTin und abends in Happy Valley. Der illustre Club ist unterdessen zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor der chinesischen Sonderverwaltungszone geworden. Mit Pferde- und Fussballwetten werden jährlich umgerechnet über 15 Milliarden Franken umgesetzt. Satte zwölf Prozent der Hongkonger Steuereinnahmen entrichtet der Jockey Club. Auch die öffentliche Wohlfahrt profitiert, von Spitälern über Schulen, Universitäten und kulturelle Veranstaltungen bis hin zu karitativen Einrichtungen. Ähnliche Verhältnisse auch in der ehemaligen portugiesischen Kolonie und heutigen chinesischen Sonderverwaltungsregion Macao. Dort wird auf der Rennstrecke Taipa um die Wette galoppiert und in den Casinos gezockt, dass es seine Art hat. Mittlerweile sind die Casino-Umsätze in Macao fünfmal so hoch wie im legendären amerikanischen Spiel-Sündenpfuhl Las Vegas. In der Hoffnung auf schnelles Geld und Reichtum besuchen heute Millionen von einfachen Chinesen und Chinesinnen aus der Volksrepublik, aber auch Beamte mit Steuergeldern in der Tasche, Hong Kong und Macao und spielen.

Der grosse Revolutionär und Reformer Deng Xiaoping kannte seine Pappenheimer. In den Verhandlungen mit den Britischen Kolonialherren über die Rückgabe der Kronkolonie Hong Kong ans »Mutterland« gelobte er anfangs der 1980er-Jahre unter dem Prinzip »Ein Land, zwei Systeme«, die Racetracks von Sha Tin und Happy Valley mit samt den Pferdewetten nicht anzufassen. Und so ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.

In der Zwischenzeit ist der Pferdesport dank der von Deng Xiaoping vor 35 Jahren angefachten Wirtschaftsreform wieder halbwegs in der Volksrepublik angekommen. Seit 1990 ist der Pferdesport in der »sozialistischen Marktwirtschaft chinesischer Prägung« als Leistungssport und Hobby erneut wohl gelitten. Stolz vermerkt etwa die Website von China International Radio, dass von den weltweit 58 Millionen Pferden neun Millionen in China lebten. Für Springreiten und den Galopprennsport werden aus dem Ausland Pferde importiert. Auch in China selbst werden Pferde gezüchtet, denn das Reich der Mitte pflegt, wie die amtliche Nachrichten-Agentur Xinhua (Neues China) stolz vermeldet, in der (Inneren) Mongolei seit Jahrhunderten eine alte Tradition. Immerhin hat Dshingis Khans Enkel Kubilai Khan die chinesische Yuan-Dynastie im 13. Jahrhundert gegründet. Die Mongolen werden in China als »Nationalität auf dem Pferderücken« verehrt. Auch im Türkisch-sprachigen, nordwestlichen Xinjiang werden seit alters her Pferde gezüchtet. Eine Konstante der chinesischen Geschichte ist der Tauschhandel mit den zentralasiatischen Stämmen: Tee und Seide gegen Pferde.

In der nördlichen einstmaligen Hauptstadt Xi'an fanden 1991 erstmals seit 1949 wieder Rennen mit Preisgeld statt, selbstredend ohne Wetten. Legale wenigstens. Zwei Jahre später stieg die südliche Grossstadt Guangzhou (Kanton) ins Geschäft ein. Ohne Wetten wiederum, aber mit Preisgeld. Das Resultat konnte sich sehen lassen: 3'000 Angestellte, 100 Jockeys, 20 Trainer, Hunderte von Pferden und investierende Besitzer. Das Experiment wurde 1999 beendet. Im Jahre 2002 sah sich die Pekinger Zentralregierung veranlasst, Pferdewetten erneut kategorisch zu verbieten. Wenige Rennbahnen überlebten. Klar war, dass illegale Wetten ein Riesenausmass angenommen hatten. Gewiss ist nur eines: im Off-shore-gambling sowie bei elektronischen und telefonischen Pferdewetten werden von spielwütigen Chinesen und Chinesinnen Milliarden und Abermilliarden Yuan umgesetzt. Schätzungen gehen von umgerechnet 10 Milliarden Franken pro Jahr aus.

Den Pekinger Mandarinen ist in der Zwischenzeit natürlich nicht entgangen, welch wirtschaftliches Potential im Glücksspiel im Allgemeinen und den Pferdewetten im Besondern steckt. Der Marktwert pro Jahr wird von chinesischen Ökonomen auf umgerechnet mindestens 100 Milliarden Franken veranschlagt. Die Wettindustrie, so die Wirtschaftswissenschafter, würden drei Millionen Arbeitsplätze schaffen sowie umgerechnet rund 15 Milliarden Franken Steuereinnahmen generieren. Gerüchte, das Wettverbot werde aufgehoben, gibt es seit zwanzig Jahren. Gelockert wurde es einmal mit der Einführung einer staatlichen Lotterie. Doch die Aufhebung des seit 1949 geltenden Verbots ist nicht so einfach. Neben wirtschaftlichen Gründen spielen eben auch soziale Bedenken eine Rolle.

Die zentralchinesische Megalopolis Wuhan machte 2008 einen neuen Versuch. Nicht von ungefähr. Denn Wuhan galt lange als Pferdesport-Metropole Chinas. Bereits 1902 fanden dort unter der Ägide der britischen Kolonialisten erste Pferderennen statt. Selbstverständlich mit Wetten. Auf der vor sechs Jahren eröffneten, und zum Teil mit Hongkonger Geld gebauten Dongfang-Rennbahn werden zwei Mal pro Woche je sieben Rennen ausgetragen. Ohne Wetten natürlich. Einen kleinen Preis freilich kann man gewinnen, eine Art Lotterie mit den Eintritts-Tickets. Investieren kann man auch in Rennpferde. Falls erfolgreich, winkt mit einem Preisgeld-Anteil ein kleiner Gewinn. Ein sachtes Zeichen der Öffnung sehen Beobachter auch in der Tatsache, dass der Vize-Sportminister Chinas die Eröffnung der Wuhan-Rennbahn mit seiner Anwesenheit beehrt hat. Worum es in Wuhan geht, umschreibt der Stellvertretende Direktor des Wuhan-Sportbüros so: »Es ist ein Experiment für die Kommerzialisierung von Pferderennen in China«. An der Universität in Wuhan kann jetzt sogar Pferdesport studiert werden. Weitere Rennbahnen wurden unterdessen eröffnet oder wiedereröffnet in Peking, Shanghai, Guangzhou (Kanton), Jinan oder Nanjing. Alle ohne Wetten natürlich. Doch wie ich aus eigener Erfahrung aus Peking weiss, wird illegal gezockt, dass es seine Art hat.

Die delikate Frage der Pferdewetten und deren wirtschaftliche Seite erforscht inzwischen eine offizielle »Chinesische Untersuchungs-Gruppe für Pferderennen«. Der Vorsitzende der Gruppe, Qin Zuwen, meint, dass die Aufhebung des Wettverbotes »die Einkünfte des Staates steigern, Arbeitsplätze schaffen, das Publikum unterhalten und dem illegalen Glückspiel ein Riegel schieben« würde.

2014, ausgerechnet im Jahr des Pferdes, soll sich nun - so die Hoffnung vieler Chinesinnen und Chinesen - alles ändern. Die Zeichen an der Wand scheinen klar. Eben erst ist der China Jockey Club gegründet worden in Anwesenheit - Ascot lässt grüssen und nomen est omen - des Pferdeliebabers Peter Philips, Grosssohn der Pferdeliebhaberin Queen Elizabeth. Der Club setzt sich für internationale Zusammenarbeit und die Nachhaltigkeit des Pferde-Galoppsports sowie - ähnlich wie bereits im erfolgreichen Hongkong - für Wohltätigkeit ein. Die ersten Rennen werden im kommenden Jahr durchgeführt.

Mit oder ohne Wetten? Ist die Gründung des China Jockey Clubs ein Vorzeichen? Jedenfalls bereitet sich die unweit Peking gelegene Küstenstadt Tianjin auf das Best-Case-Scenario vor. Mit Geld aus Dubai und Hong Kong wird dort - mit umgerechnet weit über einer Milliarde Franken - ein Pferdesportzentrum vom Feinsten gebaut: Rennbahnen, Ställe, Veterinärkliniken, Pferdeauktionszentrum, Büros, VIP-Lounges, Restaurants, Hotels etc. pp. Kein Wunsch bleibt offen.

Der Entscheid der allmächtigen Kommunistischen Partei zu Glücksspiel und Pferde-, Fussball- und anderen Wetten ist für das Land eminent wichtig. Zum einen wegen den wirtschaftlichen Konsequenzen. Warum, fragt sich vielleicht die Regierung, sollte man freiwillig auf satte Profite verzichten und das Feld kampflos Hong Kong, Macao und den illegalen Offshore-Wetten überlassen? Zum andern ideologisch. »Amoralisch«, »feudal oder «bourgeois» sind wohl Pferdewetten gewiss nicht mehr. Doch die sozialen Folgen einer Glücksspiel-Freigabe sind nur schwer abzuschätzen.

Staats- und Parteichef Xi Jinping ist nicht als Pferdeliebhaber bekannt. Er ist ein bekennender und in die Wolle gefärbter Fussballfan. Bei näherem Betrachten stellt sich das aber eher als ein Vorteil heraus. Weil Glücksspiel verboten ist, zocken Chinesinnen und Chinesen munter und illegal auf Fussballspiele der grossen europäischen Ligen. Sie werden zum Teil vom Chinesischen Staatsfernsehen übertragen. Genauso wie ein neulich gegründeter chinesischer Fernsehkanal. Er überträgt ausschliesslich Pferderennen. Die Unterhaltungssendung «Wetten dass» war in China sehr beliebt. Warum wohl?

Wetten, dass in China auch in Zukunft auf Teufel komm raus gewettet wird? Legal oder illegal.

Peter Achten (Quelle: news.ch)

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