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Fahrradhelme als kurioser Gradmesser der Freiheitsrechte: Strassenszene in Oxford.

 
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Mittwoch, 25. Juni 2014 / 10:54:53

Das Recht schützt die Freiheit

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, Deutschland, hat einen wegweisenden Entscheid für die bürgerliche Freiheit getroffen. Einer Fahrradfahrerin steht voller Schadenersatz zu, selbst wenn sie bei dem Unfall keinen Kopfschutz getragen hat. Mehr und mehr zeigt sich, dass die klassischen Freiheitsrechte, die von ökonomischen Sachzwängen seit 20 Jahren regelrecht erstickt werden, nur noch vom geltenden Recht geschützt werden.

Selbstverständlich erkennen die meisten Menschen nicht, wie ausgerechnet die Helmpflicht zum Paradigma staatsbürgerlicher Freiheiten hochstilisiert werden kann. Viele argumentieren denn auch stammtischmässig mit: «Aber es ist doch sinnvoll, einen Helm zu tragen» und merken nicht, dass es gar nicht um Sinn oder Unsinn von Helmen, sondern um die grundsätzliche Freiheit vom Staat und vor allem um die Freiheit vor Versicherungsmacht geht. Das Oberlandesgericht Schleswig lastete einer helmlosen Radfahrerin, die völlig unschuldig von einer BMW-Fahrerin (!), respektive deren Autotür (eines Autos, das im Halteverbot stand) niedergemäht wurde, eine Mitschuld am Unfall an. Begründung: Weil «ein ordentlicher (!) und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird.»

Karlsruhe hat schon öfters auch uns Nicht-Deutsche vor dem Übergriff globaler Versicherungs- und Handelsgesetze gerettet. Denn die Entscheide des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe sind oft Wegweiser für die Rechtsgrundlagen der Europäischen Union und damit - via autonomen Nachvollzug (ich liebe dieses helvetische Paradox des Unglaublichen) auch für die schweizerische Rechtsprechung.

Wäre die Begründung des Oberlandesgericht Schleswig durchgekommen, hätte dies wohl nicht nur deutschlandweit, sondern auch europaweit und damit schweizweit bedeutet, dass klassische Freiheiten via Versicherungsrecht ohne vorgängige Gesetzesvorlage ausgehebelt werden können. Der Bundesgerichtshof argumentierte denn auch, dass eine Haftpflicht nicht über die Einführung einer anderen Pflicht entscheiden darf.

Dies ist wichtig, denn die Haftpflichtfrage hat sich in vielen Bereichen des menschlichen Lebens eingeschlichen und setzt Recht, ohne entsprechenden demokratischen Gesetzesgebungsprozess. Es kommt nicht selten vor, dass Menschen, die geistig oder körperlich behindert sind, beispielsweise von privaten Krankenkassen abgelehnt werden. Zwar gibt es den Grundsatz der Gleichbehandlung, aber über die Gesundheitsprüfungen bei der Aufnahme, die für alle gleich sind, werden dann die Behinderungen oft als «Risikofaktoren» und damit als ausreichender Ablehnungsgrund angeführt. De jure liegt also keine Diskriminierung vor, de facto aber schon, und das hat entsprechende Konsequenzen für die Gestaltung des eigenen Lebens.

Der Helmentscheid des Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat nun eine grundlegende Freiheit bestätigt. Zwar ist es erwiesen, dass die Helme ihre Träger bei vielen Stürzen vor schweren Kopfverletzungen schützen. Deshalb soll und kann weiter für das Tragen von Helmen geworben werden. Das Radfahrerland par excellence, die Niederlanden, verzichtet aber auf eine Helmpflicht für Velofahrer und -fahrerinnen. Wie die Verkehrsforschung nämlich zeigt, könnte die Einführung der Helmpflicht einen Rückgang der regelmässigen Fahrradfahrer bedeuten (siehe Süddeutsche Zeitung vom 18./19. Juni 2014). Anfang der 1990er Jahre sank in Australien die Anzahl der Fahrradfahrer um einen Drittel und dies kurz nach der Einführung der Helmpflicht. Der Verkehrswissenschaftler Gernot Sieg hat sogar errechnet, dass der volkswirtschaftliche Schaden einer Helmpflicht erheblich höher ist als ihr Nutzen, da ein Umsteigen aufs Auto die Umwelt belastet und weniger Möglichkeiten des Alltagssports bietet, was das Risiko von Herz-Kreislaufstörungen massiv erhöht.

Am Beispiel der Helmpflicht für Radfahrerinnen und -fahrer zeigen sich also gesellschaftliche, gesundheitliche, wirtschaftliche und politische Zusammenhänge, die durchaus wegweisend sein müssten. Unter dem Deckmantel der Gesundheitspolitik werden klassische bürgerliche Freiheiten, die immer aufs Ganze und nicht nur auf Teile des Verhältnisses des Einzelnen zum und vom Staat zielen, mehr und mehr beeinträchtigt. Hier stehen sich oft zwei Weltbilder gegenüber: Der Schutz des Individuums gegen die traditionellen und geltenden Freiheitsrechte einer Gesellschaft. Wer beispielsweise in Afrika nur medizinisch gegen die Durchfallerkrankungen vorgehen will, ohne die Notwendigkeit der Beschaffung von sauberen Trinkwasser ins Auge zu fassen, manifestiert den Willen zur Pflästerlipolitik auf Kosten der Entwicklung einer Gesellschaft. Der Killer Nummer eins weltweit ist übrigens nicht mangelnde Helme, mangelnde Medikamente oder mangelnde Impfungen, sondern die Armut. Oder im obigen Fall der Radfahrerin die BMW-Fahrerinnen (hier bitte Ironiedetektor einschalten), d.h. die Macht des Stärkeren, die aber immerhin noch via geltendes Recht als strafbares Vergehen geahndet wird (hier Ironiedetektor aus!).

Wer Sicherheit gegen Freiheit austauscht, ist immer schlecht beraten. Wer das nackte Leben höher stellt, als all die Gründe, für die es sich lohnt, als Mensch Bürgerin sein zu dürfen, huldigt einem System der Knechtschaft. Der Velohelm ist für mich zwar kein Grund gegen meine Lebenslust, doch als Prinzipienfrage symbolisiert er viel mehr als nur einen sinnvollen Kopfschutz. Mein Kopf ist meistens in autofreien Strassen besser geschützt als mit Helm - dies wäre auch mal zu betrachten. Wie dem auch sei: «Gesundheit» soll nie über die Freiheit jedes mündigen Menschen gehen, sein Leben so zu gestalten, wie es ihr oder ihm seit der Aufklärung als Versprechen zusteht. Welche Grenzen zu setzen sind, ist nicht Gegenstand der Versicherungsgesellschaften, sondern muss Angelpunkt der öffentlichen und politischen Diskussion sein.

Regula Stämpfli (Quelle: news.ch)

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