Donnerstag, 3. April 2014 / 15:31:30
Outing eines Osterhasen
Jawohl! Ich bin hohl! Ich bin innerlich genau so hohl wie jeder Schokoladenikolaus oder Schokoladeweihnachtsmann. Ich bin so hohl wie eine hohle Nuss, so hohl wie das Zürcher Grossmünster und mindestens genauso hohl wie die sogenannte Hohlwelttheorie.
Ich bin nicht weniger hohl, aber auch nicht hohler als all die aufgeblasenen Phrasendrescher in den TV-Magazinen und Talkrunden, vom Frühstücksfernsehen bis zur letzten Gesprächsrunde nach Mitternacht bis zum nächsten Frühstücksfernsehen, als all die aufgeblähten Volksvertreter in den Parlaments-, Wahlkampf- und Medienauftritten von Bonaduz bis Bern und von Bern bis Bonnefontaine.
Nur gebe ich im Gegensatz zu jenen meine Hohlheit unumwunden zu. Und ich mache mir bei aller Hohlheit auch meine Gedanken. Angesichts so vieler Hohlheiten vonseiten hoher und höchster Prominenz und Provenienz brauche ich mich meiner eigenen Hohlheit nämlich längs nicht mehr zu schämen.
Schliesslich habe ich mich nicht so gemacht. Ich bin auch nicht durch eigenes Zutun so geworden, wie ich bin. Die Hohlheit war bei mir immer schon gegeben. Denn die Schale war bei mir von Anfang an der eigentliche Kern. Jawohl!
Häschens Erwachen
Ein Osterhäschen,
ein noch kleines,
sprach: Muss die Welt
sich nicht erregen,
wenn 'rauskommt,
dass nicht unsereines,
dass Hühner all die Eier legen,
die Menschen färben
und verstecken?
Dienen wir nur Reklamezwecken?
Die alte Häsin sprach: Die Welt,
die sich für Eier von der Stange
Hühner in Batterien hält,
die Welt, mein Sohn,
sie weiss es lange!
Doch braucht der Mensch,
wenn?s draussen blüht,
etwas wie uns ? für das Gemüt.
Für Sie, die Sie in der Politik und im Fernsehen unter der flauen Schale immer noch nach einen klugen Kern suchen, mag das unverständlich sein. Ich habe es zuerst auch nicht verstanden, habe mit mir und meiner Hohlheit gehadert wie ein durchaus kluger Junge mit seinem Stottern hadert oder ein sonst gut gewachsenes Mädchen mit seinem Kropf. Damals wollte ich noch mehr sein als ein hohler Hasendarsteller. Viel Glanzpapier und wenig dahinter. Ich wollte voll da sein für die Leute. Ich wollte massiv auftreten und die frohe Botschaft vermitteln: In mir habt ihr einen, an dem könnt ihr kauen!
Hühnerklage
Wir legen hier
in stillem Weh.
Der Hase hat
das Renommee!
Heute bin ich bescheidener. Heute verstehe ich mich nur mehr als ein Symbol. Besser man hat Symbolcharakter als gar keinen Charakter, sage ich mir immer. Obwohl! Ein Symbol kann immer nur für das stehen, was dahintersteckt: Frühling, Ostern, Auferstehung, Wiedergeburt. Seien Sie ehrlich: Bei Ihnen, bei den meisten, für die meisten steckt allzu viel nicht mehr dahinter. Sie sind genauso hohl wie wir Hasen. Und mit dem Osterglauben ist es nicht mehr weit her. Von der christlichen Botschaft ganz abgesehen.
Osterweisheit
Ein Ei
kommt
selten allein.
Das soll endlich einmal gesagt sein, nachdem man uns sowieso gefressen hat. Ihr Männer mit euren dicken Bäuchen und schlaffen Gliedern, wo bleibt denn euer zweiter, dritter, wer weiss wievielter Frühling? Ihr Frauen mit euren Schlankheitskuren und Entschlackungstouren, wann blüht denn euer rundum erneuerter Lenz?
Überall blähen sich nur eure Erwartungen. Überall plustern sich eure Wünsche auf. Eure Hohlheit wird noch übertroffen von eurer Eitelkeit. Und euer teuer erkauftes modisches Frühjahrsoutfit sticht natürlich unser billiges Glanzpapier glatt aus. Was euch aber auch nichts nützt. Hohl bleibt nämlich hohl. Jawohl!
Dieter Höss (Quelle: Nebelspalter)
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