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Donnerstag, 7. März 2013 / 15:06:19

Und täglich grüsst das Mittelalter

Die Schweizer Medien berichten seit Wochen täglich aus dem Vatikan, obwohl es eigentlich nichts Neues zu sagen gibt. Die MedienkonsumentInnen beklagen sich kaum darüber - wahrscheinlich, weil Tagesschau, NZZ & Co. längst zu Nischenprodukten für Traditionalisten geworden sind.

Wer interessiert sich für mittelalterliche Männerbünde und ihre Prozeduren? Wen kümmert es, wer der neue Papst wird, der die katholische Kirche in ihrer mittelalterlichen Pracht erhalten wird, oder dem Zeitgeist etwas anschmiegen?

Kaum eine Zeitung, auf welcher der Papst nicht auf der Frontseite erschienen wäre. Es war, als hätte mitten in Rom eine Bombe eingeschlagen. Am folgenden Dienstag fragte Monika Vetsch im Club auf SRF entsprechend einfühlsam, wie sich die Gäste gefühlt hätten, als sie vom Papstrücktritt erfuhren - Hand aufs Herz, wer wird sich ein Leben lang daran erinnern, wo er/sie sich gerade befand, als diese «weltbewegende» Neuigkeit bekannt wurde?

Die bald als Tagesschausprecherin abtretende Béatrice Müller war gar als Sonderkorrespondentin für SRF in Rom und wusste trotzdem nichts Substanzielles zu sagen über Betroffenheiten und Gerüchte. Keine eigene Recherche, reine Hofberichterstattung aus dem Vatikan. Und weil es sonst nichts zu berichten gibt, wird auch mal wieder ausschweifend über die katholischen Söldner der «Schweizergarde» geschrieben. Reality TV aus dem Mittelalter und erst noch weit billiger als Eigenproduktionen à la «Zurück in die Steinzeit».

Wochenlang wiederholen die Medien nun die immer gleichen Phrasen. Mangels wirklicher News würdigte etwa die NZZ am Sonntag das pseudodemokratische Wahlprozedere des Konklave mit einer doppelseitigen Infografik, SRF berichtet in den Hauptnachrichten über No News wie etwa, dass noch kein Datum für die Papstwahl gebe, im Vatikan aber gerade der Ofen aufgestellt werde, aus dem der berühmte Rauch dann das «habemus papam» anzeigen soll etc. pp. SRF und Printmedien scheinen nur noch gebannt nach Rom zu schauen...

Tatsache ist: 64 Prozent der Schweizer Bevölkerung haben ein distanziertes Verhältnis zur Religion, weitere 10 Prozent lehnen sie gar ab: Drei Viertel der Bevölkerung interessieren sich also nicht wirklich für die Katholische Kirche, auch nicht für den Papstrücktritt.

Die Politik nimmt diese Tatsache nicht zur Kenntnis. Erst letztes Jahr wollte die Mehrheit der NationalrätInnen christliche Symbole in der Verfassung schützen. 2005, anlässlich der letzten vatikanischen Mittelalterspiele, hat die offizielle Schweiz überproportional reagiert: Bundesrätin Calmy-Rey und Bundesrat Couchepin haben die Regierung am Gottesdienst für den verstorbenen Papst in Bern vertreten, Bundespräsident Schmid reiste zur Totenmesse nach Rom und Bundesrat Couchepin war bei den Freilichtspielen zur Einsetzung von Benedikt XVI. dabei. Darüber hinaus erging eine Halbmast-Empfehlung der Landesregierung, der in den Kantonen Genf, Vaud und Neuenburg deutlich widersprochen wurde (chapeau les Romands!) - die Stadt Zürich jedoch hat ihre Fahnen gesenkt. Ein solches Spektakel wurde durch den Rücktritt vermieden. Ob der amtierende Bundespräsident seine Abneigung gegen Auslandsreisen anlässlich der Vatikanischen Spiele zur Papsteinsetzung 2013 überwinden kann, wird sich zeigen.

Die Forschung über die «Darstellung von Religionen in Schweizer Massenmedien» (NFP 58) hat ein der Gesamtbevölkerung entsprechendes Desinteresse bei den JournalistInnen festgestellt: «dass religiöse Themen dann an journalistischer Relevanz gewinnen, wenn sie mit politischen, wirtschaftlichen, sportlichen oder wissenschaftlichen Themen gekoppelt werden können bzw. entsprechende Ordnungen irritieren» und «Nicht journalistische Neugier und Eigenrecherche steht am Anfang der medialen Thematisierung von Religion, sondern Journalisten wenden sich diesem Thema nur reaktiv auf Grund von Ereignissen mit hoher medialer Attraktivität (Nachrichtenwerte) zu». Fazit der Analyse: Die Thematisierungsintensität in den Medien sei tief und wenn Religion überhaupt zum Gegenstand der Berichterstattung werde, so erfolge die Auswahl der Religionsgemeinschaften einseitig (Fokussierung auf das Christentum bzw. insbesondere den Katholizismus). Möglicherweise fehle anderswo «eine interessante Führungsperson, wie es die Katholiken mit dem Papst haben. Oder es fehlen Skandale, Konflikte oder extreme Positionen». Die forschende Fachhochschule hat darauf gleich mit einem Angebot an die Religionsgemeinschaften reagiert, damit diese ihre Anliegen besser in die Medien bringen können und empfiehlt den Redaktionen, ihre Religionskompetenz zu erhöhen.*

Die Medienhäuser kriechen weiterhin dem Mythos der «Wiederkehr der Religionen» auf den Leim und produzieren damit am Interesse der Mehrheit der potenziellen Kunden vorbei. Religiöse Themen werden gerne als Füller übernommen und dabei bedienen sie sich bequemerweise bei den katholischen Presseagenturen, die viertelstündlich katholische Verlautbarungen in die Redaktionsstuben tickern.

Die Mediennutzung zeigt jedoch ein deutliches Bild: Nur gerade mal 600'000 Menschen schauen sich die abendliche Tagesschau an, der Grossteil wohl über 65 Jahre alt. An diesem Befund werden wohl auch neue - immer noch nicht funktionierende - Erhebungsmethoden wenig ändern. Wer die Tagesschau nämlich über das Internet schaut, kann nicht interessierende kirchliche Themen gezielt umgehen.

Die NZZ (heutige Auflage unter 130'000) versucht ihren Sinkflug mit der Hinwendung zur katholischen Klientel der Zentral und Ostschweiz zu bremsen, denen sie dann auch die entsprechenden Themen anbietet. Aber auch die katholischen ZeitungsleserInnen werden weniger, weil das einzige wachsende Segment der Katholischen Kirche in der Schweiz, MigrantInnen aus katholischen Ländern, solche News nicht in deutschsprachigen Medien sondern allenfalls über Kabel und Satellit aus ihren Heimatmedien konsumieren.

Gleiches gilt für die serbelnde Weltwoche, wo Roger Köppels Interesse an den Mächtigen sich im leicht bewundernden Unterton in den Artikeln seiner innerschweizer Redaktoren über die katholische Kirche bemerkbar macht.

Der Schluss liegt nahe: Fernsehen und Tageszeitungen können Nischenthemen à la Papstrücktritt nur deshalb ohne grossen Widerspruch breit und flach bewirtschaften, weil ihnen die Mehrheit der ZuschauerInnen und LeserInnen längst abhanden gekommen ist. *http://www.nfp58.ch/files/downloads/NFP58_Schlussbericht_DahindenU.pdf

Reta Caspar (Quelle: news.ch)

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